Präsident Dr. Walter Wallmann empfiehlt dem Land angesichts der mit der aktuellen Corona-Pandemie verbundenen künftigen Belastungen eine noch stärkere Priorisierung bei den staatlichen Aufgaben. Das Land sollte nach der Krise möglichst schnell wieder mit dem Schuldenabbau beginnen. Für eine generationengerechte Krisenbewältigung wird jedes Ressort seinen Einspar-Beitrag leisten müssen. Die Bemerkungen des Rechnungshofs geben auch in diesem Jahr beispielhaft Anregungen für wirtschaftlicheres und wirksames Verwaltungshandeln. Das Spektrum reicht von Doppelförderungen bei den Ersatzschulen, nicht genehmigungsfähigen Forschungssemestern an den Hochschulen über zu hohe Rücklagen bei den Studierendenschaften bis hin zu den gestiegenen Sanierungs- und Instandhaltungsaufwendungen von Schloss Erbach.
Es war einmal…positive Entwicklung der Landesfinanzen in 2019
Präsident Dr. Walter Wallmann stellte heute den jährlichen Bericht des Hessischen Rechnungshofs, die Bemerkungen 2019, vor. „Das Land konnte in 2019 zum fünften Mal in Folge einen positiven Finanzierungssaldo erreichen. Dieser Überschuss belief sich auf rund 1,6 Mrd. Euro (Vorjahr: 1,1 Mrd. Euro) und war insbesondere auf die damals gute Konjunktur zurückzuführen. Wie in den Vorjahren wurden die Schulden am Kreditmarkt um 200 Mio. Euro netto getilgt. Zudem wurde der Rücklagenbestand um 1,4 Mrd. Euro (inkl. 0,3 Mrd. für die Versorgungsrücklage) erhöht. Die Rücklagen beliefen sich insgesamt auf rund 3,5 Mrd. Euro.
Es war einmal…Schuldenabbau in 2019
Die Kreditschulden betrugen Ende 2019 – trotz Tilgung von 200 Mio. Euro – immer noch rund 42,4 Mrd. Euro. Hinzu kamen noch weitere Verbindlichkeiten beispielsweise aus dem Kommunalen Schutzschirm oder dem Entschuldungsprogramm Hessenkasse von insgesamt knapp 7 Mrd. Euro.
Wallmann betont: „Das negative Eigenkapital beträgt noch immer rund 120 Mrd. Euro. Wir sind von einem generationengerechten Haushalt noch weit entfernt. Aber – ich habe dies im letzten Jahr schon betont – es ist wichtig, dieses Ziel anzustreben. In diesem Jahr möchte ich ergänzen, wie wichtig es ist, dieses Ziel nach Überwindung der Krise mittel- bis langfristig verbindlich anzugehen. Hierfür muss das Land seine staatlichen Aufgaben priorisieren.“
Wallmann fasst das Jahr 2019 zusammen: „Insgesamt ist festzuhalten, dass das Land vor der Corona-Pandemie auf einem guten Weg war. Die Pandemie hat aber alles verändert: Gesellschaft, Wirtschaft, Schule, Freizeit – und auch die Staatsfinanzen und vor allem die Schulden. Wichtig wird sein, dass es dem Land gelingt, nach Beendigung der Krise möglichst schnell an die Beseitigung der Krisenfolgen zu gehen und sich genauso schnell wieder auf einen neuen Schuldenabbau-Pfad zu begeben.“
Quo vadis Landeshaushalt?
Aktuell wird das vom Land aufgelegte Gute-Zukunft-Sicherungsgesetz politisch kontrovers diskutiert und dessen Verfassungskonformität in Frage gestellt. Wie dieses Gesetz verfassungsrechtlich zu bewerten ist, kann nur der Staatsgerichtshof entscheiden.
Abseits dieser Diskussion ist aus Sicht des Rechnungshofs zum Sondervermögen und der aktuellen Krisenbewältigungsmaßnahmen des Landes Folgendes festzuhalten:
Natürlich sehen auch wir den aktuell immensen Kapitalbedarf des Landes für Hilfsmaßnahmen für Wirtschaft, Solo-Selbständige, Schulen, Impfungen, Schutzmasken, Sicherheitsausstattung, Gewerbesteuerausfälle der Kommunen etc. Dies alles lässt sich ohne weitere Schulden nicht bewältigen. Aber Rechnungshöfe sehen Sondervermögen grundsätzlich kritisch, weil sie außerhalb des Kernhaushalts entstehen – vor allem, wenn sie durch Schulden finanziert sind. Im konkreten Beispiel stellt sich deshalb die Frage, wie und wann diese 12 Mrd. Euro zurückgezahlt werden – und von wem. Die geplante Tilgungsdauer von rund 30 Jahren wird auch noch die nächste Generation belasten – Stichwort: Generationengerechtigkeit. Wir haben in unserer Stellungnahme für den Haushaltsausschuss im Frühsommer deshalb geraten, in einnahmestarken Jahren mehr zu tilgen statt konsumtive Ausgaben zu tätigen, um so die Laufzeit zu verkürzen. Zudem haben wir auf die notwendige Zweckbindung der Mittel hingewiesen, das bedeutet, dass die Mittel für die Krisenbewältigung eingesetzt werden sollen. Es kann nicht darum gehen, andere strategische Projekte zu finanzieren, die mit der Krise nichts zu tun haben.
Für die Legislative, Exekutive, Öffentlichkeit und Medien besteht hinsichtlich der Landesfinanzen in Hessen ein Vorteil gegenüber dem Bund und den meisten anderen Bundesländern: Hessen hat seit über zehn Jahren doppische Jahresabschlüsse. Diese schaffen vollständige Transparenz über Vermögen und Schulden, auch wenn sie sich außerhalb des Kernhaushalts befinden. Diese Informationen liefert der veröffentlichte Geschäftsbericht des Landes. Und selbstverständlich schauen auch wir uns als Rechnungshof nicht nur den klassischen Kernhaushalt an, sondern auch den doppischen Produkthaushalt und Jahresabschluss. Im Übrigen wird der Jahresabschluss des Landes – bundesweit einmalig – durch externe Wirtschaftsprüfer im Auftrag des Rechnungshofs geprüft. Seit 2013 wurden die Abschlüsse in jedem Jahr uneingeschränkt testiert und auch vom Rechnungshof bestätigt. Wallmann betont: „Die Doppik schafft in Hessen hinsichtlich der Staatsfinanzen eine höhere Transparenz als in den meisten anderen Ländern oder beim Bund. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Schulden.“
Der Hessische Rechnungshof wird in den Jahren ab 2020 die Verwendung der Corona-Mittel sehr genau prüfen. Das ist wichtig, um das Vertrauen in den Staat und seine Finanzen aufrechtzuerhalten. Wir wollen aber aktuell nicht in die Krise hineinprüfen und beispielsweise Krisenstäbe oder Gesundheitsämter damit zusätzlich „belasten“.
Neben unseren Prüfungen nehmen wir – wie in jedem Jahr – zu geplanten Gesetzen, Verordnungen etc. Stellung. Aktuelle Beispiele reichen von Corona-Hilfe-Verordnungen des Landes bis hin zur Weidetierprämie.
Wo sieht der Rechnungshof Veränderungspotenzial im Landeshaushalt?
Unsere jährlichen Bemerkungen zeigen exemplarisch, wo und wie Verwaltungshandeln optimiert werden kann. Das Land sollte gerade in Krisenzeiten die aufgezeigten Potenziale und Optimierungsmöglichkeiten nutzen.
Doppelförderung von Ersatzschulen
Neben finanziellen Mitteln unterstützt das Land die Ersatzschulen auch durch verbeamtete Lehrkräfte. Diese können beurlaubt werden, um an privaten Ersatzschulen zu unterrichten. In der Zeit der Beurlaubung behalten sie ihren Versorgungsanspruch gegenüber dem Land, die Ersatzschulen müssen in diesen Fällen keine Altersvorsorgebeiträge abführen. Die Ersatzschulen müssen also keine Versorgungsleistungen aufbringen, erhalten aber zudem über die vom Land gezahlten Schülersätze Versorgungsleistungsanteile. Die Schulen werden in diesen Fällen der verbeamteten, beurlaubten Lehrer doppelt gefördert. Diese Doppelförderung summiert sich jährlich auf ca. 13,5 Mio. Euro.
Bereits 2006 hatte der Rechnungshof die Doppelförderung moniert. Das Kultusministerium hatte damals zugesagt, diese zu beenden. Die Doppelförderung wurde trotz der Umstellung auf ein neues Kalkulationsschema, die Schülersätze, nicht beseitigt, sondern in anderer Weise fortgeschrieben.
Das Kultusministerium hat auch aktuell angekündigt, die Doppelförderung zu beenden – allerdings erst bei der nächsten Gesetzesnovellierung 2024. Präsident Wallmann fordert: „Wenn eine Doppelförderung erkannt wird, muss diese umgehend beendet werden. Wenn man jetzt noch drei Jahre wartet, nimmt man weitere Doppelzahlungen von vermutlich mehr als 40 Mio. Euro hin. Das kann sich das Land gerade in den aktuellen Zeiten nicht erlauben.“
Ist die Höhe der Studierendenschaftsbeiträge gerechtfertigt und sozial angemessen?
Die Studierenden einer Hochschule bilden die Studierendenschaft (vertreten durch den AStA) und finanzieren diese durch ihre Mitgliedsbeiträge. Diese Beiträge sind so zu bemessen, dass die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Studierendenschaft gewährleistet ist und die sozialen Verhältnisse der Studierenden angemessen berücksichtigt werden. Darüber hinaus müssen die Mittel zeitnah verwendet werden.
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass die ASten der 13 hessischen Hochschulen im Jahr 2017 über Rücklagen von rund 7,3 Mio. Euro verfügten. Durchschnittlich entfielen je Studentin oder Student rund 32 Euro an Rücklagenbestand. Den Höchststand wies die Studierendenschaft der Goethe-Universität Frankfurt zum Jahresende 2013 mit Rücklagen in Höhe von 2,7 Mio. Euro aus (rund 60 Euro pro Kopf).
Um ihre Rücklage zu vermindern, wollte sich die Studierendenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Bau eines Studierendenhauses mit mindestens 1,8 Mio. Euro beteiligen. Ein entsprechender Vertrag mit der Universität wurde bereits unterzeichnet. Nach Auffassung des Rechnungshofs ist die Beteiligung an Baumaßnahmen nicht von den gesetzlichen Aufgaben einer Studierendenschaft gedeckt. Der Rechnungshof empfiehlt der Goethe-Universität Frankfurt, diese Vereinbarungen mit der Studierendenschaft rückgängig zu machen.
Der Rechnungshof hält die Rücklagen der hessischen ASten im Verhältnis zum frei verfügbaren jährlichen Verwaltungsetat für zu hoch. Er empfiehlt, maximal 30 Prozent des frei verfügbaren jährlichen Verwaltungsetats als zulässige Rücklage gesetzlich festzulegen.
Wallmann ergänzt: „Die hessischen Studentinnen und Studenten sind von der aktuellen Corona-Pandemie besonders betroffen: Nebenjobs fallen weg, aber die Lebenshaltungskosten bleiben unverändert hoch. Gerade in diesen Zeiten ist jeder ersparte Euro an Beiträgen besonders wertvoll.“
Mehr Freiheit für Forschung statt Lehre?
Professorinnen und Professoren können nach sieben Semestern Lehrtätigkeit beantragen, von der Hochschulleitung für ein Forschungssemester von ihren Lehr- und Prüfungsverpflichtungen befreit zu werden. Bei den fünf hessischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften wurde innerhalb von 4 Jahren insgesamt 536 Anträgen zugestimmt. Dies entspricht Personalausgaben für Professorinnen und Professoren im Forschungssemester von 4,5 Mio. Euro je Jahr (insgesamt 18,5 Mio. Euro).
Bei der Prüfung fiel unter anderem auf, dass elf Professorinnen und Professoren Forschungssemester antraten, ohne dass eine vorherige Zustimmung der Hochschulleitung vorlag. Sie wurden lediglich nachträglich genehmigt. Wenn ein nicht genehmigtes Forschungssemester angetreten wird, liegt eine Dienstpflichtverletzung vor. Disziplinarische Maßnahmen leiteten die Hochschulen jedoch nicht ein. Des Weiteren hat der Rechnungshof bei rund zwei Drittel der von ihm nachgeprüften 250 Anträge festgestellt, dass diese zu wenig detaillierte oder gar keine Ausführungen zur Vertretung enthielten. Dies kann den Lehrbetrieb und die Prüfungsverfahren beeinträchtigen. Auf dieser Basis hätten solche unvollständigen Anträge nicht genehmigt werden dürfen. Auch die vorgeschriebenen Berichte über das Forschungssemester wurden teilweise erst weit nach dem Fristablauf oder in manchen Fällen sogar überhaupt nicht vorgelegt.
Wallmann moniert: „Forschung ist wichtig für eine qualitativ gute Lehre. Allerdings kann ohne sichergestellte Vertretung die Lehre beeinträchtigt sein. Deshalb darf die Hochschulleitung in diesen Fällen das Forschungssemester nicht genehmigen. Unverständlich ist auch, warum bei eindeutigem Verstoß gegen Genehmigungspflichten keine disziplinarischen Maßnahmen ergriffen wurden. Zudem ist ohne zeitnahe Forschungsberichte eine Weiterentwicklung der Lehre nicht sichergestellt.“
Schloss Erbach – Erst analysieren, dann kaufen!
Im Jahr 2005 erwarb das Land 77,5 Prozent des Schlosses Erbach für 1,1 Mio. Euro sowie Sammlungen von Kunst und Wertgegenständen für 12,2 Mio. Euro.
Zum Zeitpunkt des Kaufs wurde der Sanierungsaufwand des Schlosses mit rund 560.000 Euro beziffert. Auf dieser Basis stimmte der Landtag im Juni 2005 dem Kauf zu. Es wurde jedoch vom Land vorher keine Gesamtbestandsanalyse durchgeführt, um die Höhe der voraussichtlichen Sanierungskosten mit der gebotenen Sorgfalt zu ermitteln. Erst nach Abschluss des Kaufvertrags wurde in mehreren Gutachten ein erheblicher Sanierungsbedarf im Schloss festgestellt. Das Land hat bis zum Jahr 2019 bereits rund 3 Mio. Euro für die Unterhaltung bzw. Instandsetzung ausgegeben. Nach einem Gutachten des Landesbetriebs Bau und Immobilien Hessen vom Herbst 2019 betragen die geschätzten Kosten für die Sanierung des Schlosses rund 20 Mio. Euro.
Die verbliebenen 22,5 Prozent des Schlosses (inklusive einer Eigentumswohnung im 2. Obergeschoss) gehören einem Miteigentümer. Ausgehend von seinem Eigentumsanteil müsste er sich an den Sanierungskosten ebenfalls mit 22,5 Prozent beteiligen, das entspräche 4,5 Mio. Euro. Vertraglich vereinbart wurde jedoch, dass er lediglich einen Pauschalbetrag von aktuell rund 14.000 Euro pro Jahr zahlen muss. Ausgehend von einer 5-jährigen Sanierung muss er statt 4,5 Mio. Euro laut Vertrag nur 70.000 Euro zahlen.
Präsident Wallmann appelliert: „Die Sanierungskosten hätten vor dem Kauf valide ermittelt werden müssen. Nur so kann Transparenz für die Abgeordneten im Landtag hergestellt und eine fundierte Entscheidung getroffen werden. Auch der Vertrag mit dem Miteigentümer wirkt sich negativ für das Land aus.“
NATUREG – 150 Millionen Ökopunkte nicht erfasst
Bei unvermeidbaren Eingriffen in die Natur müssen die Verursacher die Folgen ausgleichen. Kompensationsmaßnahmen können bereits vor einem Eingriff durchgeführt werden. Dabei wird eine ökologische Aufwertung in Öko-Punkten bewertet und einem Ökokonto gutgeschrieben. Diese Gutschrift steht als Ausgleich für einen späteren Eingriff zur Verfügung und soll in erster Linie dazu beitragen, die Eingriffsverfahren einfacher und zügiger abzuwickeln. Ökopunkte werden mittlerweile auch frei gehandelt. Ein Ökopunkt entspricht nach der Kompensationsverordnung rechnerisch einem Wert von 40 Cent.
Das von der hessischen Umweltverwaltung eigenentwickelte NATUrschutzREGister (NATUREG) zielt u. a. darauf ab, einen Überblick über alle Ausgleichs-/Ersatzflächen sowie die Punkte auf den Ökokonten zu ermöglichen. So sollen mit Hilfe von grafischen Darstellungen Doppelbelegungen von Flächen vermieden und Kontrollen erleichtert werden. Zum Stichtag 1. Februar 2019 waren im NATUREG insgesamt rund 481 Mio. Ökopunkte ausgewiesen.
Die Prüfung des Rechnungshofs zeigte deutliche Defizite des NATUREG-Systems: So waren einerseits gegenüber den Papierakten rund 150 Mio. Ökopunkte nicht im NATUREG ausgewiesen – dies entspricht mehr als 30 Prozent aller Ökopunkte oder einem rechnerischen Wert von rund 60 Mio. Euro. Andererseits wurde es versäumt, rund 65 Mio. bereits in Anspruch genommene Ökopunkte auszubuchen. Zudem waren rund drei Mio. Ökopunkte im NATUREG doppelt erfasst. Auch wurden zahlreiche Verfahren nicht grafisch abgebildet.
Die Mängel sind dem Umweltministerium seit Jahren bekannt. Die Unteren Naturschutzbehörden begründen diese Mängel im Wesentlichen mit knappen Personalressourcen, fehlenden Vorgaben sowie der mangelnden Anwenderfreundlichkeit des Systems. Deshalb greifen sie auf eigene Systeme oder die Papierakten zurück.
Wallmann betont: „Die Idee des NATUREG, Transparenz über Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu schaffen, ist gut – die Umsetzung ist es offenbar (noch) nicht. Wenn im System 150 Mio. Punkte fehlen, ist der aufwändige Rückgriff auf die Papierakten unvermeidlich. Die fehlende grafische Erfassung erschwert die Kontrolle, ob Flächen ihrem Ausgleichszweck entsprechend genutzt werden. Das Ministerium sollte schnell handeln und eine verlässlich und zeitgemäße digitale Lösung für den Naturschutz bereitstellen.“
Mit FSC- Zertifikat auf dem Holzweg?
Die FSC-Zertifizierung führt zu Veränderungen bei der Waldbewirtschaftung und wird nach Berechnungen eines vom Umweltministerium beauftragten Gutachtens voraussichtlich zu Einschränkungen und Ertragseinbußen von mindestens 10 Mio. Euro je Jahr führen. Der Rechnungshof hat die Frage aufgeworfen, ob das Land die mit der Zertifizierung angestrebten Ziele nicht auch durch eigene Regelungen erreichen könnte. Dadurch ließen sich die Kosten der Zertifizierung (allein 1,2 Mio. Euro jährlich) einsparen. Zudem begrenzen die zertifikatsbedingten Einschränkungen bei der Baumartenwahl und bei erprobten waldbaulichen Verfahren die Möglichkeiten, den Folgen der aktuellen Extremwetterereignisse im Wald zu begegnen. Das FSC-Siegel soll auch der Vermarktung dienen, höhere Holzpreise werden jedoch im Wesentlichen nicht erzielt. Wallmann empfiehlt: „Ohne FSC-Zertifikat könnte der hessische Wald nach unserer Auffassung flexibler auf die zukünftigen Verhältnisse ausgerichtet werden. Die Kosten für das Zertifikat in Millionenhöhe könnten dann für notwendigere Maßnahmen, z. B. die Beseitigung der aktuell massiven Waldschäden, eingesetzt oder zugunsten des Landeshaushalts ganz eingespart werden.“
Korruptionsprävention – Risiko minimieren, Personal rotieren
Die Innenministerkonferenz hatte im Jahr 1995 mit der Zustimmung Hessens den Beschluss „Präventions- und Bekämpfungskonzept Korruption“ gefasst. Der Rechnungshof hatte bereits in seinen Bemerkungen 2014 moniert, dass es keine zentrale Regelung zur Korruptionsprävention für die gesamte hessische Landesverwaltung gäbe. Das Land hat reagiert und Ende 2019 eine landesweit verbindliche Richtlinie zur Korruptionsprävention erlassen.
Nach der Richtlinie sind Tätigkeiten in besonders korruptionsgefährdeten Gebieten jedoch auch weiterhin langfristig möglich. Dies sieht der Rechnungshof kritisch.
Wallmann stellt klar: „Es ist gut, dass das Land unsere Empfehlung aufgegriffen und eine landesweite Richtlinie erlassen hat. Um das Risiko gerade in besonders korruptionsgefährdeten Gebieten wie beispielsweise der Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln oder der Vergabe von öffentlichen Aufträgen oder Subventionen zu verringern, sollte dort aber grundsätzlich spätestens nach 5 Jahren rotiert werden. Das schützt nicht nur das Land, es schützt auch die jeweilige Dienststelle und deren Beschäftigte.“