- Die aktuelle Krise trifft auch die Kommunen deutlich – einerseits durch wegbrechende Steuer-Einnahmen, andererseits durch Pandemie-bedingte höhere Ausgaben.
- Nur durch gemeinsames Handeln von Bund, Land und Kommunen können die krisenbedingten Herausforderungen bewältigt werden. Deshalb sind zielgerichtete Bundes- und Landeshilfen wichtig. Sie erhöhen die (Planungs)-Sicherheit für die Kommunalhaushalte.
- Die Kommunen verfügen auch in der Krise über geeignete Steuerungsmöglichkeiten. Unsere Handlungsempfehlungen zeigen schon seit vielen Jahren Potenziale in der Allgemeinen Verwaltung, den Gebührenhaushalten und den freiwilligen Leistungen. Diese sollten gerade in Krisenzeiten genutzt werden.
Der Präsident des Hessischen Rechnungshofs, Dr. Walter Wallmann, und der Leiter der Überörtlichen Prüfung, Dr. Ulrich Keilmann, stellten heute in einem Pressegespräch im Hessischen Landtag den Kommunalbericht 2020 vor.
Präsident Wallmann erklärt vorab: „Der vorliegende Kommunalbericht stellt wesentliche Prüfungserkenntnisse aus den Jahren 2018 / 2019 – also aus Vor-Corona-Zeiten – dar. Auch wenn dies vielleicht wie der Blick auf eine andere Welt anmutet, lassen sich dennoch Hinweise geben, wie wenigstens ein gewisses Maß an Handlungsspielräumen erhalten werden kann. Mehr Wirtschaftlichkeit in Kernbereichen schafft Freiräume für andere Bereiche. Mit diesem Fokus haben wir für heute die wesentlichen Erkenntnisse des Kommunalberichts 2020 analysiert und aufbereitet. Aus diesem Grund sind die allgemeinen Empfehlungen nicht nur an die geprüften kommunalen Körperschaften gerichtet, sondern können allen Kommunen helfen.“
Auch in guten Jahren war nicht alles gut!
Die hessischen Kommunen hatten 2019 zum vierten Mal in Folge Überschüsse – dieses Mal in Höhe von 259 Millionen Euro – erzielt. Allerdings verringerten sich diese Überschüsse 2019 um rund 500 Millionen Euro deutlich gegenüber dem Vorjahr (761 Millionen Euro). Soweit die Gesamtbetrachtung. Der Blick auf einzelne Kommunen zeigt jedoch, wie heterogen die hessischen Kommunen sind. Wallmann betont: „So wiesen zwar 276 Kommunen Überschüsse auf – in Summe 816 Millionen Euro. Allerdings ist auch festzustellen, dass, selbst in einem guten Jahr wie 2019, noch 169 aller hessischen Kommunen Defizite im Kernhaushalt auswiesen – und zwar in Höhe von insgesamt -558 Millionen Euro.“ Die größte Verringerung gegenüber dem Vorjahr verzeichnete Frankfurt: der Finanzierungssaldo verringerte sich von -32 Millionen Euro (2018) auf -184 Millionen Euro (2019). Dies ist darauf zurückzuführen, dass Frankfurt die Ausgaben um 225 Millionen Euro erhöhte, während die Einnahmen lediglich um 72 Millionen Euro stiegen.
In 2019 noch sprudelnde Einnahmen…
Die Einnahmen der hessischen Kommunen stiegen im Jahr 2019 auf 23,9 Milliarden Euro (Vorjahr: 23,0 Milliarden Euro). Dies lag vor allem an den hohen Netto-Steuereinnahmen von 10,4 Milliarden Euro (1.656 Euro je Einwohner) – kein anderes Flächenland hatte pro Kopf höhere Steuereinnahmen. Die wichtigste Steuerart für die Summe der hessischen Kommunen war mit 44 Prozent die Gewerbesteuer. In allen anderen Flächenländern war die prozentuale Bedeutung der Gewerbesteuer an den Gesamtsteuereinnahmen geringer. Da die Gewerbesteuerzahlungen stark schwanken können, besteht hier ein hohes Risiko (Volatilitätsrisiko) für die Kommunen – insbesondere im Falle von Gewerbesteuerrückzahlungen. Wallmann warnt: „Die aktuelle Corona-Pandemie verdeutlicht, wie risikobehaftet diese Einnahmen sind und wie schnell diese wegbrechen können – um so wichtiger ist es, dass Bund und Land hier mit ihrer Hilfe ansetzen.“ Auch die zweitwichtigste hessische Steuereinnahme – der Einkommensteueranteil (36 Prozent der Netto-Steuereinnahmen mit 3,7 Milliarden Euro bzw. 596 Euro je Einwohner in 2019) – ist nicht krisensicher. Bedingt durch vermutlich steigende Arbeitslosenzahlen und bereits gestiegene Kurzarbeit vermindert sich absehbar auch diese Einnahmequelle in Krisenzeiten. Bei der – relativ krisensicheren – Grundsteuer erreichten die hessischen Kommunen mit 196 Euro je Einwohner den zweithöchsten Wert im Flächenländervergleich (Volumen 2019: 1,2 Milliarden Euro). Wallmann betont: „Auch wenn Krisen keine „Gewinner“ haben, zeigt sich doch, dass es Kommunen gibt, die aktuell besser durch die Krise kommen als andere.“ Die Überörtliche Prüfung empfiehlt schon länger, die „fetten Jahre“ zur Krisenvorsorge zu nutzen. Wallmann rät: „Angesichts des Ausfallrisikos bei der (Gewerbe-)Steuer sollten die Kommunen in guten Zeiten vorausschauend Rücklagen für „magere Jahre“ bilden.“
… aber noch stärker gestiegene Ausgaben
Die Ausgaben der Kommunen lagen 2019 in Hessen bei 23,7 Milliarden Euro (2018: 22,4 Milliarden Euro). Die drei wichtigsten Ausgabearten waren die Personalausgaben mit 27 Prozent (6,3 Milliarden Euro), der laufende Sachaufwand mit 24 Prozent (5,6 Milliarden Euro) und die Transferzahlungen an natürliche Personen mit 25 Prozent (6,0 Milliarden Euro).
Bei Betrachtung der einzelnen gegenüber dem Vorjahr gestiegenen Ausgabearten sind fünf Bereiche auffällig, die zusammen über 850 Millionen Euro der gesamten Ausgabensteigerung verursachen. Das sind:
- die Leistungen der Sozialhilfe außerhalb von Einrichtungen mit einem Plus von 181 Millionen Euro,
- die Personalausgaben mit einer Erhöhung um 172 Millionen Euro,
- Zuweisungen und sonstige Zuschüsse (nicht für Investitionen) mit einem Zuwachs von 92 Millionen Euro,
- die Ausgaben für Baumaßnahmen mit einer Erhöhung um 258 Millionen Euro sowie
- sonstige Finanzausgaben, u.a. Eigenbeiträge der Kommunen zur Hessenkasse mit einer Erhöhung um 154 Millionen Euro.
Wallmann betont: „Obwohl der Bund künftig bei den Kosten der Unterkunft seinen Anteil auf bis zu 75 Prozent aufstockt, werden die Leistungen für Sozialhilfe krisenbedingt weiter steigen. Auch der Aufwand für Digitalisierung wird voraussichtlich weiter zunehmen.“
Leicht gestiegene Schulden, aber minimale Kassenkredite
Die Schulden der hessischen Kommunen sind im Jahr 2019 auf 12.897 Millionen Euro leicht angestiegen (Vorjahr: 12.878 Millionen Euro). Bedingt durch die Hessenkasse machten die Kassenkredite – auch genannt Liquiditätskredite – zum 31. Dezember 2019 nur noch insgesamt 2,5 Prozent der Kernhaushaltsschulden aus (2017: 31 Prozent und 2018: 4 Prozent). 400 Kommunen (rund 90 Prozent aller hessischen Kommunen) hatten in ihrem Kernhaushalt keine Kassenkredite (mehr). Den höchsten absoluten Bestand an Kassenkrediten wies Ende des Jahres 2019 Frankfurt mit 95,9 Millionen Euro aus. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Investitionskredite wies Kassel mit 2.823 Euro je Einwohner den Schulden-Höchstwert der kreisfreien Städte aus. Von den Landkreisen hatte sich der Hochtaunuskreis mit 2.530 Euro je Einwohner am höchsten verschuldet. Von den Sonderstatusstädten hatte Rüsselsheim am Main mit 2.919 Euro je Einwohner die höchsten Schulden. Heringen (Werra) war mit 8.146 Euro je Einwohner zusammen mit Bad Karlshafen (6.209 Euro je Einwohner) eine der beiden hessischen Kommunen mit einem Kernhaushaltsschuldenstand von mehr als 5.000 Euro je Einwohner.
Aktuelle Herausforderungen
Die aktuelle Corona-Pandemie stellt Staat, Gesellschaft und Verwaltung auf allen Ebenen vor große Herausforderungen, insbesondere auch auf der kommunalen Ebene: Steuermindereinnahmen, höhere Ausgaben, aber auch europäische, Bundes- und Landes-Hilfspakete in dreistelliger Milliardenhöhe verdeutlichen das Dilemma.
Steuereinnahmen in der Krise
Das Bruttoaufkommen der Gewerbesteuer lag im ersten Quartal 2020 ungefähr auf dem Niveau der Vorjahre. Krisenbedingte Einschnitte sind ab dem zweiten Quartal 2020 deutlich erkennbar: nach vorläufigen Ergebnissen lag das Bruttoaufkommen bei 878 Millionen Euro. Das entspricht einem Rückgang von rund 40 Prozent gegenüber 2019 (1,439Milliarden Euro). Tendenziell waren Großstädte und Mittelstädte stärker von dem Einbruch betroffen als Kleinstädte und Landgemeinden. In Frankfurt ging die Gewerbesteuer knapp 345 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2020 gegenüber dem Vorjahr zurück. In Hanau war die Hundesteuer im zweiten Quartal mit rund 80.000 Euro einnahmestärker als die Gewerbesteuer mit rund 60.000 Euro. Insgesamt wiesen 288 Kommunen sinkende Einzahlungen aus der Gewerbesteuer im ersten Halbjahr 2020 auf. Hingegen stieg bei 134 Kommunen das Aufkommen gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Im regionalen Vergleich zeigen sich erste große Unterschiede bei den Folgen der Pandemie für Arbeitsmarkt und Wirtschaft. Die geschätzte Quote der Sozialversicherungspflichtigen in Kurzarbeit schwankte zwischen 20Prozent (Darmstadt) und 52Prozent (Kreis Groß-Gerau). Der Durchschnitt lag in Hessen bei 31Prozent. Wenn es zu größeren Verwerfungen am Arbeitsmarkt kommt, ist auch der Einkommensteueranteil der Kommunen rückläufig. Dieser ging im zweiten Quartal 2020 um 17,8 Prozent auf rund 820 Millionen Euro zurück (Vorjahr: 997 Millionen Euro). Das hohe Ausmaß der Kurzarbeit könnte künftig in einen Anstieg der Arbeitslosigkeit und in einen Einbruch bei der Einkommensteuer münden.
Hilfe durch Bund und Land
Der Landtag hat am 4. Juli 2020 das Sondervermögen „Hessens gute Zukunft sichern“ mit einem Volumen von bis zu 12 Milliarden Euro beschlossen. Hierin sind insbesondere bis zu 2,5 Milliarden Euro für die hessischen Kommunen vorgesehen. So werden vom Land insgesamt 661 Millionen Euro für den Ausgleich von Gewerbesteuermindereinnahmen des Jahres 2020 an die Kommunen fließen. Hinzu kommen noch Bundesmittel in Höhe von 552 Millionen Euro.
Zudem hat das Land zur Sicherstellung der kurzfristigen Liquidität veranlasst, dass die Kommunen im Jahr 2020 die Zahlungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich für Juni und Juli bereits zusammen mit der Mai-Zahlung erhalten.
Das vom Land aufgelegte Corona-Kommunalpaket soll die Liquidität der Kommunen sichern und umfasst die folgenden Regelungen:
- Verlängerung der Kommunalinvestitionsprogramme um ein Jahr sowie eine vorzeitige pauschale Auszahlung der bisher noch nicht abgerufenen Landesmittel
- (hälftige) Ratenpause beim Entschuldungsprogramm Hessenkasse
- Aufhebung des Kommunalen Schutzschirms: Alle noch teilnehmenden Kommunen gelten als vom Schutzschirm entlassen. Die vereinbarten Konsolidierungsmaßnahmen und -abbaupfade gelten als erfüllt.
Wallmann betont: „Es ist gut, dass das Land schnell gehandelt hat. Allerdings wäre aus unserer Sicht eine vorübergehende Aussetzung – an Stelle einer vollständigen Aufhebung – des Kommunalen Schutzschirms zielführender gewesen. Der Schutzschirm war ein Erfolgsmodell und hat sich in den Jahren nach der Finanzkrise bewährt: die Konsolidierungsmaßnahmen griffen und die Kommunen konnten Schritt für Schritt entlang der Abbaupfade ihre Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. Aktuell waren bereits 25 Kommunen aus dem Schutzschirm „entlassen“, 60 weitere Kommunen hatten alle Planvoraussetzungen erfüllt. Die Schutzschirmkommunen haben die Einsparanforderungen um rund 2,5 Milliarden Euro übererfüllt. Deshalb empfehlen wir dem Land, über ein analog wirkendes Instrument für die Bewältigung der Folgen der Corona-Krise nachzudenken.“
Handlungsempfehlungen der Überörtlichen Prüfung
Im Kommunalbericht 2020 werden drei Haushaltsstrukturprüfungen sowie drei Fachprüfungen vorgestellt. Insgesamt wurden hierbei 71 Körperschaften geprüft. In den Prüfungen werden kommunale Problembereiche identifiziert und in der Praxis erprobte Lösungen aufgezeigt.
Haushaltsstruktur: Bei diesen Prüfungen lag der Fokus auf der Frage, wie der Haushaltsausgleich erreicht und dauerhaft gesichert werden kann. Als Stellschrauben für den Haushaltsausgleich wurden insbesondere der Personaleinsatz in der Allgemeinen Verwaltung, ausgeglichene Gebührenhaushalte und die Höhe der selbstgesetzten Standards und freiwilligen Leistungen analysiert. Auffällig waren beispielsweise die relativ hohen Standards in Baunatal (Fußballstadion, Aqua-Park, sechs Sportplätze, drei Tennisplätze, zwei Beachplätze, etc.). Ein Fokus lag auf dem rationalen Umgang mit schwankenden Gewerbesteuerentwicklungen – ein wichtiges Thema gerade auch in Krisenzeiten.
Allein für die 42 geprüften Kommunen konnten Ergebnisverbesserungspotenziale von etwa 35,4 Millionen Euro ermittelt werden. Davon entfielen 7,9 Millionen Euro auf die Allgemeinen Verwaltung, 4,5 Millionen Euro auf die Gebührenhaushalte sowie 23,0Millionen Euro auf die Kindertagesstätten. Präsident Wallmann: „Unsere Prüfungen zeigen über viele Jahre hinweg, dass die Kommunen über wirksame Stellschrauben verfügen, um ihre Haushalte in normalen Zeiten ausgleichen zu können. Die Hebesätze der Realsteuern sollten unseres Erachtens – auch in Krisenzeiten – nur als Ultima Ratio angehoben werden.“
Neben der Prüfung „Kommunales Gebietsrechenzentrum“ befassten sich die Fachprüfungen mit den Themen „Kultur“ sowie „Schwimmbäder und Badeseen“.
Bäder: Hessen hat mehr Frei- und auch mehr Hallenbäder als der Länderdurchschnitt – sowohl in Bezug auf Einwohner als auch auf Fläche. Damit wird einerseits eine wichtige Infrastruktur für Bürger, Vereine und Schulen bereitgestellt. Andererseits binden die Bäder kommunale Haushaltsmittel in Millionenhöhe: Allein die 14 geprüften Kommunen bezuschussten ihre Bäder mit rund 8 Millionen Euro jährlich (durchschnittlich 25 Euro je Einwohner). Die Spannweite reichte von 1,99 Euro bis 80,07 Euro je Einwohner. Beispielsweise musste allein Kelsterbach sein Bad jährlich mit rund 1,3 Millionen Euro unterstützen – und das bei einer fragilen Haushaltssituation. Keilmann empfiehlt: „Angesichts des hohen Finanzbedarfs der Bäder sollten neue Hallenbäder nur auf Grundlage von Sportstättenentwicklungsplänen und auf Kreisebene abgestimmt geplant werden. Neue Förderprogramme für Schwimmbäder sollten Schulschwimmen als Zuwendungsvoraussetzung sowie ehrenamtliches Engagement und Interkommunale Zusammenarbeit als Förderkriterien vorsehen. Förderungen sollten nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern nur in Regionen vorgenommen werden, in denen auch tatsächlich ein räumlicher Bedarf an Bädern besteht. Dabei sollten die Folgekosten der Investition berücksichtigt werden.“ Keilmann sieht Corona-bedingt einen verstärkten Existenzkampf einiger Bäder: „Badegäste sind ausgeblieben und die Besucherentwicklung für die Zukunft ist zumindest ungewiss. Fixkosten fallen indes weiterhin an. Unter diesen Rahmenbedingungen stellt sich umso mehr die Frage nach der Zukunftsfähigkeit einzelner Bäder und nach Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Wirtschaftlichkeit.“
Kommunales Gebietsrechenzentrum (ekom 21): Gerade die Corona-Pandemie hat eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig im beruflichen und privaten Alltag die Digitalisierung ist und welch relevanten Beitrag sie zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens und des Verwaltungshandelns leistet. Der Digitalisierungsdruck ist dadurch – neben den ohnehin schon bestehenden gesetzlichen Anforderungen des Onlinezugangsgesetzes – nochmals gestiegen. Die Prozessplattform civento ist ein gutes Beispiel für eine zielgerichtete Zusammenarbeit von Land und Kommunen: Die ekom21 hat civento entwickelt und das Land Hessen stellt den Kommunen diese Plattform für fünf Jahre unentgeltlich zur Verfügung. Keilmann betont: „Damit werden die Weichen gestellt, um gemeinsam mit dem Land auf einheitlicher Ebene standardisierte Lösungen bereitzustellen und kleinteilige Insellösungen zu vermeiden. Civento kann – insbesondere mit Blick auf die Anforderungen des Onlinezugangsgesetzes – als Grundlage für die Digitalisierung kommunaler Prozesse genutzt werden. Die Plattform wurde zudem vom Land für das Corona-Soforthilfeprogramm eingesetzt. Dabei wurden in kurzer Zeit über 600 Nutzer geschult und für die Bearbeitung der Soforthilfen eingesetzt.“
Kultur: Unter den öffentlichen Anbietern sind die Kommunen der wichtigste Akteur für Kulturangebote. Nach dem Kulturfinanzbericht 2018 entfallen deutschlandweit 45 Prozent der öffentlichen Kulturausgaben von insgesamt 10,4 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf die Gemeinden und Gemeindeverbände, 40 Prozent tragen die Länder und 15 Prozent der Bund. Die höchsten Kulturausgaben je Einwohner hatte 2018 Frankfurt mit 371,4 Euro je Einwohner. Auch Darmstadt (226,4 Euro je Einwohner), Kassel (165,9 Euro je Einwohner), Wiesbaden (152,3 Euro je Einwohner) sowie der Gesamtkreis Hersfeld-Rotenburg (92,4 Euro je Einwohner) hatten relativ hohe Pro-Kopf-Ausgaben. Im Gegensatz dazu gab beispielsweise der Gesamtkreis Limburg-Weilburg lediglich 12,1 Euro je Einwohner für Kultur aus. Keilmann erläutert: „Die Unterschiede in den Kulturausgaben waren in unserer Prüfung nicht von der Einwohnerzahl abhängig. Auch Kommunen wie Eschborn, Neu-Isenburg, Bad Vilbel oder Bad Hersfeld verausgabten überdurchschnittliche Mittel je Einwohner.“
Bei den Zuwendungen der Kommunen waren insbesondere die documenta und die Staats- und Landestheater auffällig. Hier wurden auf Basis von Verträgen ohne festes Budget Zuwendungen gewährt, die eine Fehlbetragsfinanzierung vorsahen. Keilmann moniert: „Eine Steuerung durch die Städte war erschwert, da eine schriftlich dokumentierte Berichterstattung nicht vorlag. Beispielsweise endete die documenta 14 am 17.September 2017. Kassel reagierte erst einen Monat davor (August 2017) auf einen sich abzeichnenden Kapitalmehrbedarf mit der Einforderung eines Liquiditätsplans. Die Budgetüberschreitungen mussten von Kassel und dem Land anteilig ausgeglichen werden. Für Kassel führte dies 2018 statt der geplanten rund 1,6 Mio. Euro zu tatsächlich rund 4,9 Mio. Euro, also rund 3,3 Mio. € höheren Zuwendungen an die documenta.
Keilmann weiter: „In der Hälfte der geprüften nationalen Vergaben über 7.500 Euro wurden nicht genügend Angebote eingeholt bzw. diese wurden nicht dokumentiert. Dies verstößt gegen das Vergaberecht.“ Zudem besteht durch nicht durchgeführte Statusabfragen die latente Gefahr, dass bei Honorarkräften eine Scheinselbstständigkeit vorliegen könnte. Keilmann: „Hier riskieren sechs Kommunen Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen.“
Wallmann weist abschließend darauf hin: „Erfolgsfaktoren für die Kommunalhaushalte sind eine wirtschaftlich handelnde Allgemeine Verwaltung einschließlich Interkommunaler Zusammenarbeit, ausgeglichene Gebührenhaushalte, bedarfsorientierte Betreuung in den Kindertagesstätten sowie angemessene freiwillige Leistungen. Unsere Empfehlungen geben konkrete Hinweise. Die Entscheidungen müssen jedoch die politisch Verantwortlichen vor Ort treffen. Dies ist aktuell eine besonders schwierige Aufgabe. Wir stehen deshalb selbstverständlich den Kommunen auch außerhalb unserer Prüfungen regelmäßig beratend zur Seite – sei es im Rahmen der Kommunalberatung des Landes oder durch die Erstellung unseres Konsolidierungshandbuchs. Zudem wollen wir die Transparenz für Bürger, Medien und Politik sukzessive erhöhen. Wir haben deshalb auch in diesem Jahr unseren Kommunalmonitor aktualisiert und insbesondere um den Bereich „Kultur“ ergänzt. Transparenz schafft Vertrauen – auch das ist gerade in Krisenzeiten für Staat und Kommunen unverzichtbar!“