Hessischer Rechnungshof

Verantwortung für kommende Generationen übernehmen – Vorsicht vor Haushalts-Illusionen!

Lesedauer:18 Minuten

Präsident Dr. Walter Wallmann warnt vor „Haushalts-Illusionen“. Diese könnten entstehen, wenn die aktuell hohen Steuererträge und niedrigen Zinssätze als selbstverständlich angenommen werden. Die fixen Aufwendungen (wie Personal, Zinsen oder Abschreibungen) reduzieren den Handlungsspielraum der Politik deutlich. Wallmann rät: „Gerade zu Beginn einer neuen Legislatur sollten sich Landtag und Regierung über die tatsächlichen Spielräume klar werden.“

Er empfiehlt dem Land, den Haushalt generationengerecht aufzustellen, das heißt künftig ohne Verluste auszukommen. Hierzu müssen alle Aufwendungen und Erträge auf den Prüfstand gestellt werden. Die Bemerkungen des Rechnungshofs geben hierfür beispielhaft Anregungen. Das Spektrum reicht in diesem Jahr von wirtschaftlicherer Holzernte, effizienterem IT-Einsatz bis zum Einsatz elektronischer Fußfesseln. Der Rechnungshof hinterfragt zudem kritisch, ob Milchabgaben aus der Nachkriegszeit noch zeitgemäß und ob Feriencamps für versetzungsbedrohte Schülerinnen und Schüler zielgerichtet organisiert sind.

Wie entwickelten sich 2017 die Landesfinanzen?

Präsident Dr. Walter Wallmann stellte heute den jährlichen Bericht des Hessischen Rechnungshofs, die Bemerkungen 2017, vor. „Das Land hat die guten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen genutzt: Zum dritten Mal in Folge wurde ein positiver Finanzierungssaldo erreicht. Dieser Überschuss belief sich auf 511 Millionen Euro (Vorjahr: 752Millionen Euro).

Dies führte dazu, dass die Landesschulden – wie im Vorjahr – um 200 Millionen Euro netto getilgt und Rücklagen weiter aufgebaut wurden“, so Wallmann. Der Gesamtabschluss und der Lagebericht wurden uneingeschränkt vom Wirtschaftsprüfer testiert.

Die Kreditschulden beliefen sich Ende 2017 immer noch auf über 43 Milliarden Euro. Zu den Kreditschulden kommen insbesondere noch Pensionsrückstellungen in Höhe von 73,2 Milliarden Euro und Beihilferückstellungen in Höhe von 11,5 Milliarden Euro hinzu.

„Es ist deshalb sinnvoll und richtig, dass das Land bei seinen Beamten nicht nur an die laufenden Kosten, sondern auch an die künftigen Verpflichtungen denkt. Denn langfristig muss die „Nachhaltigkeitslücke“ geschlossen werden! Das Land hat deshalb eine Versorgungsrücklage als Sondervermögen eingerichtet. Ziel soll das Abfedern der künftigen Belastungen durch die Pensionen sein. Positiv ist, dass die Zahlungen seit diesem Jahr nicht mehr kreditfinanziert sind, sondern erstmals „erwirtschaftet“ wurden. Damit wurde einer Empfehlung des Rechnungshofs gefolgt.“

Während bei der kameralen Betrachtung der Einnahmen und Ausgaben des Haushaltsjahres 511 Millionen Euro Überschuss ausgewiesen wurden, zeigte die Doppik einen Verlust von fast 5 Milliarden Euro auf. Dies führte in der Bilanz zu einem negativen Eigenkapital von rund 111 Milliarden Euro.

Ist unser Haushalt für alle Generationen gerecht?

Präsident Wallmann betont: „Die Zahlen belegen noch immer eine große Entfernung zu einem generationengerechten Haushalt. Deshalb würde es der Rechnungshof begrüßen, wenn sich Landtag und Landesregierung künftig zum generationengerechten Handeln verpflichten. Die von mehreren Generationen aufgehäuften Defizite können allerdings nicht von einer einzigen Generation beseitigt werden. Auch das ist Ausdruck von Generationengerechtigkeit: Die aktuelle Generation ist gefordert, sie darf aber nicht überfordert werden.“

Was ist zu tun?

Schon heute müssen alle Leistungen und Standards auf den Prüfstand gestellt werden. Ein „Weiter so!“ wird nicht ausreichen. Und „teure Geschenke“ nach der Landtagswahl würden die jährliche Lücke noch vergrößern. Gerade in einer Phase der Regierungsbildung sind die Wünsche der verhandelnden Parteien naturgemäß groß.

„Deshalb empfinde ich den Termin der heutigen Pressekonferenz als goldrichtig. Es würde mich freuen, wenn ein paar unserer heutigen Anregungen Eingang in die Überlegungen der künftigen Regierung finden. Wichtig ist, dass man angesichts der aktuell hohen Steuereinnahmen nicht einer „Illusion“ unterliegt. Am Anfang sollten sich der künftige Landtag und die künftige Regierung darüber klar werden, wie ihre finanziellen Handlungsspielräume tatsächlich ausgestaltet sind. Stellt man bei einer überschlägigen Betrachtung die Steuern – 22,8 Milliarden Euro – den wesentlichen fixen Positionen wie Personal, Zinsen und Abschreibungen gegenüber, so zeigt sich auf kameraler Basis ein Handlungsspielraum von nur noch knapp 12,6 Milliarden Euro. Auf der doppischen Seite sind es sogar nochmal 6 Milliarden Euro weniger, also nur noch 6,6 Milliarden Euro. Und das ist weit entfernt von den Steuereinnahmen in Höhe von 22,8 Milliarden Euro“, so Wallmann.

„Die guten Rahmenbedingungen müssen nicht dauerhaft bestehen. Steuererträge müssen nicht permanent steigen und Zinssätze nicht immer auf dem aktuell niedrigen Niveau verharren.Die Inflationsrate – als Indikator für die künftige Zinsentwicklung – lag im Oktober diesen Jahres bereits bei 2,5 Prozent und damit oberhalb des Zielkorridors von 2 Prozent. Außerdem prognostizieren die Wirtschaftsweisen ein sinkendes Wirtschaftswachstum. Wenn sich die Überlegungen der Wirtschaftsweisen bewahrheiten sollten, könnte dies zu niedrigeren Steuererträgen führen.“

Welche Möglichkeiten hat das Land, den Haushalt generationengerecht aufzustellen? Wo sind die „Stellschrauben“?

  • Aufwand minimieren
  • Erträge erhöhen
  • Wirksamkeit des Verwaltungshandelns erhöhen

Unsere jährlichen Bemerkungen zeigen exemplarisch, wo und wie Verwaltungshandeln optimiert werden kann. Unsere Beispiele machen deutlich, wo Aufwand gesenkt, Erträge erhöht oder die Wirksamkeit der Verwaltung gesteigert werden können. Das Spektrum unserer diesjährigen Vorschläge reicht von wirtschaftlicherer Holzernte, effizienterem IT-Einsatz bis hin zum Einsatz elektronischer Fußfesseln. Und wir hinterfragen kritisch, ob Milchabgaben aus der Nachkriegszeit noch zeitgemäß und ob Feriencamps für versetzungsbedrohte Schülerinnen und Schüler zielgerichtet organisiert sind.

Unsere Empfehlungen sollen Anlass für die politische Diskussion sein, um einen generationengerechten Haushalt zu erreichen.

IT-Einsparpotenziale konsequent nutzen – aus 4 mach 5!

Das Land setzt aktuell rund 68.000 standardisierte PCs (HessenPCs) ein.Vorteile dieser Standardisierung sind höhere IT-Sicherheit unter anderem durch die Nutzung eines einheitlichen Virenschutzes, geringere Kosten durch die einheitliche Beschaffung einer großen Anzahl an Geräten und das zentrale Management der IT-Infrastruktur.

Ein Austausch der HessenPCs ist alle vier Jahre vorgesehen – unabhängig von ihrem technischen Zustand. Nach einer Modellrechnung des Rechnungshofs kann das Land jährlich rund 2 Millionen Euro einsparen, wenn es die PCs erst nach fünf Jahren austauschen würde. Zudem würde sich der Logistikaufwand für den Austausch verringern. Eine entsprechende Empfehlung gibt es auch für die Bundesverwaltung. Nach Einschätzung des zentralen IT-Dienst­leisters des Landes (HZD) bestehen aus technischer Sicht keine Bedenken gegen eine längere Nutzungsdauer.

Auch das Finanzministerium befürwortet den Vorschlag des Rechnungshofs und hat mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung bereits begonnen.

„Ich freue mich, wenn das Land unsere Empfehlungen aufgreift und wir so direkt einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten können. Jedes Jahr 2 Millionen Euro – das entspricht rund 20 neuen Grundschullehrkräften“, stellt Wallmann fest.

Zu wenig „Moos“ aus Hessens Wäldern

Obwohl HessenForst auf hohem Niveau arbeitet, sieht der Rechnungshof noch Verbesserungspotenzial. Angesichts der Höhe der Holzerträge von rund 100 Millionen Euro jährlich wirken sich bereits kleine Optimierungen finanziell deutlich aus.

Holz ist ein Wirtschaftsgut – gerade in Hessen, dem zweitgrößten deutschen Waldbesitzer. Holz wird in der Bauwirtschaft, im Möbelbau und an vielen anderen Stellen eingesetzt. Dabei kommen unterschiedliche Holzarten zum Einsatz. Diese erzielen unterschiedliche Preise. Aber wie die Prüfung zeigte, kostete ein Festmeter einer Holzart nicht in jedem Forstamt den gleichen Preis: so schwankten die Preise beispielsweise bei Fichte von 62 bis 82 Euro und bei Buche von 38 bis 67 Euro je Festmeter. Durch eine verbesserte Holz-Sortierung sind rechnerisch Mehreinnahmen bis zu 4,3 Millionen Euro im Jahr möglich. Die zuvor angestellten Überlegungen gelten zu Zeiten einer normalen holzwirtschaftlichen Marktsituation. Momentan ist der Markt allerdings dadurch gestört, da ein Überangebot an Schadholz aufgrund von Stürmen und Borkenkäfern besteht.

Zusätzlich könnten durch den Einsatz des optimalen Ernteverfahrens rechnerisch jährlich rund 1,8 Millionen Euro eingespart werden. So kostet die Ernte mit dem Harvester durchschnittlich 10 Euro je Festmeter weniger als mit der Motorsäge. Die Holzernte mit Harvestern ist zudem weniger unfallträchtig und ergonomisch weniger belastend als die Holzernte mit der Motorsäge. Dies verringert Personal- und Gesundheitskosten.

„Mit dem derzeitigen Überangebot an Schadholz geht – wie auch der Presse zu entnehmen war – ein deutliches Sinken der Marktpreise einher. Gerade in diesen Zeiten sollte es das Ziel sein, das Holz wirtschaftlicher zu ernten. Dies ist mit Harvestern möglich. Und der Harvester-Einsatz verringert zudem das Risiko für Unfälle und Gesundheitsschäden. Durch eine bessere Qualitätenauswahl könnte gegebenenfalls ein Teil der Einnahmeausfälle kompensiert werden“, empfiehlt Wallmann.

Ist die Milchumlage noch zeitgemäß?

Seit dem Jahr 1952 erhebt das Land von den Molkereien Umlagen aufgrund des Milch- und Fettgesetzes. Mit dem Gesetz wurde beabsichtigt, u.a. die Qualität der Milch zu steigern und die Milchversorgung der Bevölkerung in der Nachkriegszeit sicherzustellen. Aktuell beträgt die Milchumlage jährlich rund eine Million Euro. Mit diesen Mitteln fördert das Land u.a. Werbe- und Fortbildungsangebote der Milchwirtschaft. Das Umlagesystem zwischen Milchwirtschaft und Land ist nicht mehr zeitgemäß. Für die aus den 1950er Jahren stammende staatliche Lenkungsmaßnahme besteht kein Bedarf mehr.

Die Vorschrift sieht vor, dass nur hessische Molkereien die Umlage zahlen sollten. Tatsächlich zahlen aber nicht nur die hessischen Molkereien, sondern auch Molkereien aus den Nachbarländern, sofern hessische Milch dort angeliefert wird. Dies steht nicht im Einklang mit der Verordnung, das heißt ein Teil der Abgabe wird nicht rechtskonform erhoben.

Die Milchumlage gibt es nur noch in Hessen und fünf weiteren Ländern. Alle anderen Länder verzichten auf sie. Würde Hessen auf die Erhebung der Milchumlage verzichten, könnten die Molkereien gegebenenfalls diese Mittel an die Milchbauern weiterleiten, das heißt die Milchbauern könnten höhere Preise erzielen. Zudem könnten Bürokratiekosten auf Landesebene eingespart werden.

Wenn die Gebühr zu lange währt, wird’s teuer!

Bei unseren Prüfungen betrachten wir neben Einsparpotenzialen auch zusätzliche Ertragsmöglichkeiten. Vor diesem Hintergrund hat sich der Rechnungshof die Gebühreneinnahmen im Umweltministerium angesehen. Dabei stellte er fest, dass dem Ministerium die tatsächliche Höhe der ihm zustehenden Gebühren nicht bekannt war. Das Ministerium kannte lediglich die in seinem Geschäftsbereich jährlich vereinnahmten Gebühren von rund 5,9Millionen Euro. Allerdings kannte es nicht die bei den Regierungspräsidien sowie bei den Kommunen und denLandkreisen anfallenden Gebühreneinnahmen. Diese beliefen sich nach Berechnungen des Rechnungshofs auf weitere rund 24Millionen Euro jährlich. Neue oder geänderte Vorschriften können dazu führen, dass Gebühren angepasst werden müssen. Diese Änderungsprozesse dauerten im Umweltministerium oft mehrere Jahre. Die lange Dauer birgt neben rechtlichen insbesondere finanzielle Risiken. So zeigte unsere Prüfung bei den Gebühren für Fischereischeine und für Tierversuche vermeidbare Einnahmeausfälle. Da die Verfahren drei Jahre dauerten, beliefen sich die Ausfälle auf mehr als eine Million Euro.

Wallmann moniert: „Gebührenordnungen müssen aktuell und kostendeckend sein. Ansonsten wird der Landeshaushalt geschädigt. Werden wegen versäumter Gebührenanpassungen nicht kostendeckende Gebühren erhoben, entlastet dies zwar die Nutzer der Leistung, aber es belastet alle Steuerzahler.“

Der AStA und der Zaster!

Die Allgemeinen Studierendenausschüsse (ASten) sind gewählte Vertretungsorgane der jeweiligen Studierendenschaften der Hochschulen. Um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können, erhalten sie Beiträge von den Studierenden (Bandbreite: von 8 bis 20 Euro je Semester). So nimmt beispielsweise der AStA der Goethe-Uni Frankfurt jährlich rund eine Million Euro ein. Die ASten unterliegen der Rechtsaufsicht durch die Hochschulleitungen.

Bei der Prüfung zeigte sich, dass sieben der acht untersuchten Hochschulleitungen jedoch ihrer Aufsichtspflicht gegenüber den ASten nicht nachkamen. Sie erteilten keine Entlastung der Rechnungsergebnisse. Vier davon genehmigten dennoch die Haushaltpläne für die Folgejahre. Die anderen drei Hochschulleitungen reagierten selbst auf fehlende Haushaltspläne nicht.Ohne Kontrolle und darauf basierender Entlastung der Haushaltsrechnung besteht ein hohes Risiko für Unregelmäßigkeiten. So fehlten einer Studierendenschaft 19.500 Euro in der Kasse.Bei einer anderen Hochschule meldete der zuständige AStA-Mitarbeiter am Vorabend der angekündigten Rechnungshof-Prüfung einen vorgetäuschten Raubüberfall. Der Mitarbeiter hatte insgesamt rund 74.000 Euro veruntreut. Im Juni 2018 wurde er vom zuständigen Amtsgericht verurteilt.

Wallmann weist darauf hin: „Die Hochschulleitungen müssen ihrer Aufsicht nachkommen. Ohne ausreichende Aufsicht und Kontrolle besteht eine erhöhte Gefahr von unsachgemäßer oder gar missbräuchlicher Haushaltsführung. Schließlich fließen bei allen hessischen Hochschulen zusammen rund 5 Millionen Euro jährlich in die Kassen der ASten. Außerdem besteht das Risiko, dass die Studierenden mit zu hohen Beiträgen belastet werden.“ Da die ASten häufig unzureichend mit den Haushaltsangelegenheiten vertraut sind, empfiehlt der Rechnungshof künftig eine sorgfältige Aufsicht und Beratung durch die Hochschulen. Das Ministerium folgt dieser Empfehlung und erwägt, die Studierendenschaften zu verpflichten, externen Sachverstand (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) bei der Haushaltsführung einzubinden.

Schlechte Noten für die Uni-IT in Marburg

Nahezu alle Bereiche einer Universität sind von der IT geprägt. Auf den Servern liegen sensible Informationen wie Forschungsdaten, Prüfungsergebnisse oder Beschäftigtendaten. Deshalb ist eine gute IT-Organisation unerlässlich. Bei der Prüfung der IT-Organisation der Universität Marburg zeigten sich insbesondere Mängel bei der IT-Sicherheit und beim Lizenzmanagement.

Die Universität hatte keine verbindlichen Vorgaben für das IT-Sicherheits­management. Der Rechnungshof hat Sicherheitsmängel in den Serverräumen festgestellt,die ein hohes Risiko für den IT-Betrieb darstellen. Die Serverräume wurden zum Teil als Archiv- und Abstellräume genutzt, in denen diverser Unrat abgestellt wurde. Hierdurch bestand eine erhöhte Brandgefahr. Der Zugang zu einigen Serverräumen war nicht gesondert gesichert.

Die Universität hatte kein zentrales Lizenzmanagement, denn Beschaffung und Einsatz von Software waren den einzelnen Fachbereichen überlassen. Dadurch war nicht bekannt, welche Software dort eingesetzt wurde und ob hierfür ausreichend Lizenzen vorhanden waren. Diese Unkenntnis birgt auch wirtschaftliche Risiken: so ist es möglich, dass Software-Lizenzgeber Regressansprüche wegen Lizenzverstößen stellen. Zudem entstehen vermeidbare Kosten, wenn zu viele ungenutzte Lizenzen im Bestand sind.

Präsident Wallmann betont: „Wir empfehlen anlässlich unserer Prüfung in Marburg allen Hochschulen, sich der IT-Sicherheitsfrage zu widmen und die dafür notwendigen organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen. Unzureichendes Lizenzmanagement ist eine Problematik, die nicht nur auf die Universität Marburg beschränkt ist. Letztlich sollte jede Dienststelle über ein Software-Lizenz­management verfügen.“

Erreichen die Osterferiencamps ihr Ziel?

Das Ministerium fördert seit Jahren Osterferiencamps für versetzungs- oder abschlussgefährdete Schülerinnen und Schüler mit einem jährlichen Volumen von 735.000 Euro. Ziel ist es, diese Jugendlichen außerhalb des regulären Unterrichts zu fördern. Hierzu hat das Ministerium zentrale und dezentrale Camps organisiert. Während an den zentralen Camps (an vier Standorten) mehrere Schulen teilnahmen, fanden die dezentralen Camps an einzelnen Schulen statt.

Es zeigten sich deutliche Kostenunterschiede zwischen den zentralen und den dezentralen Camps: Die zentralen Camps waren neun Mal teurer als die dezentralen (213 Euro zu 23 Euro je Kind und Tag). Das Ministerium hat es bisher versäumt, die Wirksamkeit und die Kosten der unterschiedlichen Campformate zu evaluieren.

Der Rechnungshof bewertet es prinzipiell als guten Ansatz, gezielt Leistungsschwächere zu fördern. Aufgrund des geringen Interesses der versetzungs- oder abschlussgefährdeten Schülerinnen und Schüler wurden freie Plätze allerdings durch Leistungsstärkere aufgefüllt. Im Einzelfall gehörten bis zu zwei Drittel der Jugendlichen im Camp nicht zur Zielgruppe.

„Das Auffüllen der Camps läuft der ursprünglichen Idee, versetzungsgefährdete Schülerinnen und Schüler in einer homogenen Gruppe gezielt zu fördern, zuwider. Das Ministerium sollte die dargelegten großen Kostenunterschiede zum Anlass nehmen, um die Wirkungen und die Kosten der beiden Campformate genau zu untersuchen. So kann ein wirkungsvoller Mitteleinsatz sichergestellt werden. Damit kann versetzungs- oder abschlussgefährdeten Schülerinnen und Schülern zielgerichteter geholfen werden“, fordert Wallmann. „Aber ich möchte nochmal betonen, es geht nicht darum, ein eigentlich gutes Projekt in Frage zu stellen.“

Fußfessel - einfach laufen lassen?

Hessen setzt als einziges Bundesland seit dem Jahr 2000 die „kleine Fußfessel“ (Elektronische Präsenzkontrolle) bei Bewährungsfällen ein. Ziele sind vor allem Haftvermeidung, Kosteneinsparungen sowie Kontroll- und Rückfallvermeidung. Für ihren Einsatz fallen jährlich rund eine Million Euro an. Nach annähernd zwei Jahrzehnten kann das Ministerium jedoch nicht nachweisen, ob die angestrebten Ziele erreicht wurden. Eine in Auftrag gegebene Evaluation wurde nie abgeschlossen. Das Ministerium wartet bereits seit zehn Jahren auf eine Gesamtauswertung.

Seit 2012 kann in Deutschland auf richterliche Weisung die „große Fußfessel“ für bestimmte Tätergruppen zur „Elektronischen Aufenthaltsüberwachung“ eingesetzt werden. Die Bundesländer haben in Hessen eine gemeinsame Überwachungsstelle eingerichtet. Die hier anfallenden Kosten werden nach einem festgelegten Schlüssel auf die einzelnen Bundesländer verteilt. Nicht umgelegt werden die Kosten, die durch diese Maßnahmen im Ministerium entstehen. Diese belaufen sich auf rund 132.000 Euro je Jahr, die ausschließlich zu Lasten des Hessischen Landeshaushalts gehen. Da Hessen eine Dienstleistung für die anderen Länder erbringt, sollten alle anfallenden Kosten auf alle beteiligten Bundesländer umgelegt werden.

Unabhängigkeit des Rechnungshofs verfassungsrechtlich garantiert

„Noch ein Wort in eigener Sache: Im System der Gewaltenteilung ist der Rechnungshof weder Legislative, Exekutive noch Judikative. Wir stehen außerhalb der Gewalten. Und können so unabhängig prüfen, beraten und informieren. Unsere Stellung wurde durch die Volksabstimmung Ende Oktober entscheidend gestärkt. Ab jetzt ist diese Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit verfassungsrechtlich garantiert. Dafür danke ich allen hessischen Wählerinnen und Wählern. Und auch dem Landtag und der Enquetekommission, die „unsere“ Änderung aus über 440 Vorschlägen ausgewählt und zur Abstimmung gebracht haben,“ so Präsident Dr. Wallman.

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