Das Land erzielte im Jahr 2022 einen unerwartet hohen positiven Finanzierungssaldo von 1,7 Milliarden Euro, obwohl es ursprünglich sogar mit einem Defizit von 2,1 Milliarden Euro geplant hatte. Der Überschuss wurde vor allem zur Tilgung von Schulden und zum Aufbau von Rücklagen genutzt. Die Schuldenbremse wurde eingehalten. Das Spektrum der diesjährigen Bemerkungen reicht vom Datenbankgrundbuch über die Schriftgutverwaltung der Justiz und der Asservatenverwaltung der Polizei bis hin zum Teilchenbeschleuniger FAIR. Präsident Dr. Walter Wallmann moniert, dass sich bei den Prüfungen immer wieder Defizite bei der Digitalisierung zeigen, die zu vermeidbarer manueller Bearbeitung, höheren Fehlerraten oder Risiken sowie zu unnötiger Bürokratie für Bürgerinnen, Bürger, Unternehmen und Verwaltung führen.
Unerwarteter positiver Finanzierungssaldo in 2022 – trotz Corona-Notlage und hoher Inflation
Das Land erzielte 2022 einen positiven Finanzierungssaldo von 1,74 Milliarden Euro. Dieser lag um 3,88 Milliarden Euro über dem ursprünglich geplanten Minus von 2,14 Milliarden Euro. Positiv wirkten sich hier unerwartete Steuermehreinnahmen in Höhe von 2 Milliarden Euro aus: Statt der geplanten 24,4 Milliarden Euro nahm das Land 26,4 Milliarden Euro an Steuern ein. Das waren die höchsten Steuereinnahmen der letzten 15 Jahre. Zudem waren wesentliche Ausgabepositionen trotz hoher Inflation niedriger als geplant: Dies galt für Ausgaben für Investitionen und Baumaßnahmen (503,7 Millionen Euro weniger), sächliche Verwaltungsausgaben (377,7 Millionen Euro weniger), Personalausgaben (336,1 Millionen Euro weniger) sowie Zinsausgaben (85,1 Millionen Euro weniger).
Präsident Wallmann warnt jedoch: „Während wir in 2022 eine angenehme Überraschung in Form von zusätzlichen Steuereinnahmen erleben durften, verringern sich die Einnahmen in 2023 deutlich: Laut Finanzministerium fehlt rund eine Milliarde Euro an Einnahmen im Landeshaushalt. Dies reduziert den Handlungsspielraum des Staats kurzfristig enorm! Deshalb gilt es hier zu priorisieren, um den Haushalt in Krisenzeiten zu konsolidieren – und zwar auf allen Ebenen: bei Bund, Land und Kommunen. Die Personalausgaben haben einen wesentlichen Anteil am Landeshaushalt und müssen deshalb besonders in den Fokus genommen werden. Seit 2014 wurden im Landeshaushalt über 20.000 neue Stellen geschaffen – davon über 7.000 Stellen für Lehrkräfte und über 4.000 Stellen für innere Sicherheit. Die Personalausgaben haben sich seit 2014 von 8,7 Milliarden Euro auf knapp 11,4 Milliarden Euro in 2022 erhöht. Und diese Ausgaben werden sich allein wegen den aktuellen Besoldungsanpassungen deutlich weiter erhöhen.“
Nur Teile des Überschusses zur Schuldentilgung genutzt
Auch im Jahr 2022 wurde aufgrund der Corona-Pandemie erneut eine Notlage im Sinne der Schuldenbremse festgestellt. Damit einher gingen Notlagenkreditermächtigungen von 771 Millionen Euro. Aufgrund des besser als erwarteten Haushaltsvollzugs konnte auf die geplante Neuverschuldung vollständig verzichtet werden. Außerdem konnten 200,5 Millionen Euro im Kernhaushalt, 197,2 Millionen Euro bei der Hessenkasse und 92,5 Millionen Euro beim Schutzschirm an Schulden getilgt werden. Die Schuldenbremse wurde eingehalten.
Zum Ende des Haushaltsjahres 2022 wurden Haushaltsschulden in Höhe von 44,5 Milliarden Euro ausgewiesen. Inklusive der Verbindlichkeiten aus Schutzschirm und Hessenkasse belief sich der Schuldenstand des Landes auf 50,8 Milliarden Euro (Vorjahr noch 51,3 Milliarden Euro). Die Rücklagen wurden gegenüber dem Vorjahr um 1,4 Milliarden Euro weiter aufgebaut. Zusätzlich wurden Bürgschaften und Garantien (Eventualverbindlichkeiten) in Höhe von 1,7 Milliarden Euro sowie negative Barwerte im Collateral-Management in Höhe von 2,1 Milliarden Euro ausgewiesen.
Wallmann betont: „Das Land hat schnell auf das Urteil des hessischen Staatsgerichtshofs vom Oktober 2021 zum Corona-Sondervermögen reagiert. Das Sondervermögen wurde Ende 2021 aufgelöst. Im Jahr 2022 wurden 3 Milliarden Euro für Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie im Kernhaushalt veranschlagt. Erfreulicherweise konnte aufgrund der positiven Einnahmesituation in 2022 auf die ursprünglich geplante Neuverschuldung verzichtet werden. Insbesondere mussten keine Notlagenkredite in Anspruch genommen werden. Das Land hat jedoch die zusätzlichen Einnahmen nicht komplett zur Schuldentilgung genutzt, sondern auch Rücklagen für schlechtere Zeiten aufgebaut. Grundsätzlich sollten die notlagenbedingten Kredite schnellstmöglich getilgt werden. Hier gilt es jedoch abzuwägen zwischen dem Senken künftiger Zinsausgaben und dem Vergrößern des Handlungsspielraums für kommende schlechtere Zeiten.“
Eigenkapital sinkt trotzdem weiter
Der Gesamtabschluss des Landes wurde erneut uneingeschränkt testiert und festgestellt. Die Bilanz des Landes zeigt, dass sich trotz hoher Steuererträge in 2022 das Eigenkapital des Landes um 404 Millionen Euro auf ein Minus von 129 Milliarden Euro weiter reduziert hat. Maßgeblich wirkten sich hier die gestiegen Rückstellungen für Pensionen und Beihilfen des Landespersonals (plus 2,6 Milliarden Euro) aus. Sie beliefen sich auf 100,3 Milliarden Euro. Aber auch beim Staatswald kam es beispielsweise erneut zu Vermögensminderungen. So mussten aufgrund neuer Schäden im hessischen Wald weitere 50 Millionen Euro abgeschrieben werden.
Wallmann verdeutlicht: „Die Bilanz hilft uns, die Generationengerechtigkeit des Haushalts abzubilden. Dies betrifft sowohl die Pensionsrückstellungen als auch die Abschreibung von Vermögen. Auch wenn die Abschreibungen für Waldschäden nur einen Teil der Vermögensminderung ausmachen, gilt: Der Klimawandel ist mittlerweile nicht mehr nur beim Spaziergang durch den Wald, sondern auch beim Blick in die Bilanz erkennbar. Dies ist ein weiterer Grund, beim Klimaschutz voranzukommen! Wenn uns dies nicht gelingt, dann sind die bilanziellen Probleme unsere geringsten Sorgen!“
Digitales Grundbuch – eine unendliche Geschichte?
Das Grundbuch weist seit über 120 Jahren verlässlich die Rechtsverhältnisse an den Grundstücken nach und schafft damit Rechtssicherheit für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen sowie die öffentliche Verwaltung. Es genießt öffentlichen Glauben.
Das traditionell papiergebundene Grundbuch wird seit über 20 Jahren digitalisiert: Zur Jahrtausendwende trat Hessen hierzu einem länderübergreifenden Verbund bei und setzte seitdem dessen System – das Elektronische Grundbuch – ein. Hierfür wurden die Grundbuchblätter eingescannt und werden seitdem digital vorgehalten. Da diese Scans jedoch nur eingeschränkte Anzeige- und Recherchemöglichkeiten und keinerlei Verknüpfung von Grundbuchinformationen ermöglichen, trat Hessen bereits in 2002 einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe (ab 2008 als länderübergreifender Verbund) bei. Ziel dieser Arbeitsgruppe war die Entwicklung eines neuen Systems – nämlich die Weiterentwicklung vom Elektronischen Grundbuch zum Datenbankgrundbuch. Mit diesem sollen Eintragungen schneller vorgenommen und Auskünfte zielgerichteter erteilt werden können.
Das neue Datenbankgrundbuch sollte bereits seit 2015 in Betrieb sein. Es ist bis heute nicht fertiggestellt und sein Einsatzdatum ist noch vollkommen unvorhersehbar. Mittlerweile wurde der Vertrag mit dem Entwickler aufgelöst. Einem in 2022 bestellten Sachverständigen zufolge ist die aktuelle Software nicht prüfbar und auch nicht weiterentwickelbar. Das Land hat allein bis 2020 für dieses Verfahren rund 3,7 Millionen Euro gezahlt. Nach Schätzung des Justizministeriums müssten noch weitere 2,8 Millionen Euro investiert werden. Hierin enthalten sind noch nicht die Kosten für den Personalmehrbedarf von 65 Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern für die Migration in die künftige Datenbank. Nach unseren Berechnungen summieren sich diese pro Jahr auf mindestens 7 Millionen Euro.
Wallmann stellt heraus: „Das Datenbankgrundbuch ist ein weiteres Beispiel für eine länderübergreifende IT-Kooperation, die Zeit- und Budgetvorgaben sprengt. In dieser Reihe sind auch noch FISCUS, KONSENS und die eJustice-Programme der Justiz zu nennen. Oft scheitern solche Projekte, weil die abzubildende Gesetzes- und Regelungslage kompliziert und von einer Vielzahl an Detailnormen geprägt ist. Diese sind nicht sinnvoll digitalisierbar. Wenn wir die staatlichen Verwaltungsprozesse einfacher und damit digitalisierbar machen wollen, brauchen wir endlich einfachere Gesetze und den Verzicht auf Mehrfacherfassung von bereits vorhandenen Daten.“
Schriftgutverwaltung – Kilometerlange Aussonderungsrückstände
Die Justiz produziert jährlich rund 21.500 laufende Meter an Schriftgut – damit zählt sie zu den größten Produzenten in der Landesverwaltung. Sie verausgabte im Jahr 2021 rund 6 Millionen Euro für Archivräumlichkeiten und die digitale Archivierung. Die Justizbehörden haben Schriftgut bis zu 130 Jahre beziehungsweise sogar dauerhaft aufzubewahren, sodass Archivraum langfristig gebunden ist.
Sobald Schriftgut nicht mehr aufbewahrt werden muss, soll es ausgesondert werden. Dies geschah aber nicht immer zum vorher festgelegten Zeitpunkt. Die Aussonderungsrückstände betrugen rund 9.800 laufende Meter. Dies entspricht einer vermeidbaren Archivfläche von geschätzt 1.600 m² und Kosten von bis zu 110.000 Euro jährlich.
Für die Vernichtung und Entsorgung von ausgesondertem Schriftgut existiert eine Rahmenvereinbarung mit Unternehmen. Diese wurde jedoch von rund einem Drittel der Gerichte und Staatsanwaltschaften nicht genutzt. Sie ließen ihr Schriftgut hauptsächlich durch Justizvollzugsanstalten abholen und entsorgen. Unsere Berechnungen ergaben, dass die Entsorgung durch die Justizvollzugsanstalten für das Land um fast das Fünffache teurer war als die Entsorgung durch Unternehmen.
Wallmann erwartet: „Aussonderungen sollten fristgemäß vorgenommen werden. Rückstände sind zügig abzubauen. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit sollte ausgesondertes Schriftgut von Unternehmen entsorgt werden. Angesichts des jährlichen Umfangs an Schriftgut allein bei der Justiz, muss die Digitalisierung schneller voranschreiten, um sowohl Kosten, aber auch vor allem Ressourcen einzusparen!“
Asservate digital sicher verwalten
Asservate sind von der Polizei in Verwahrung genommene oder sichergestellte Gegenstände. Die Asservate müssen mit der gebotenen Sorgfalt behandelt und gegen Verlust oder Beschädigung geschützt werden. Bis Dezember 2021 arbeitete die Asservatenverwaltung der Polizei noch überwiegend papiergebunden. Dann hatte sie damit begonnen, ein digitales Asservatenmanagementsystem einzuführen. Mittlerweile wird das System flächendeckend eingesetzt.
Bei unserer Prüfung zeigten sich bei sieben von zehn geprüften Asservatenstellen Beanstandungen. So waren Asservate zunächst nicht auffindbar und ihr Verbleib konnte erst durch aufwändige Recherchen geklärt werden. Dies betraf beispielsweise Betäubungsmittel, eine Machete, ein E-Bike, Luftgewehre, Ausweise und (Falsch-)Geld. Hier wurde es versäumt, die Verwertung, Vernichtung oder Herausgabe von Asservaten ordnungsgemäß zu dokumentieren.
Wallmann mahnt: „Die Einführung eines digitalen Asservatenmanagementsystems war überfällig. Die elektronische Erfassung ist weniger fehleranfällig, einheitlich und revisionssicher. Fehler bei der Asservatenverwaltung können gravierende Folgen haben: Einerseits können abhandengekommene Asservate zu Schadensersatzansprüchen gegen das Land führen. Andererseits können sie laufende Strafverfahren gefährden, wenn notwendige Beweismittel plötzlich nicht mehr auffindbar sind. Dies würde das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Polizei erheblich erschüttern.“
Teilchenbeschleuniger = Kostenbeschleuniger?
In Darmstadt entsteht seit 2013 der Teilchenbeschleuniger FAIR. Dieser soll einzigartige Erkenntnisse über den Aufbau der Materie und die Entwicklung des Universums vom Urknall bis heute liefern. Zur Realisierung der Anlage gründeten die Vertragsparteien die FAIR GmbH. Bund und Länder halten über die GSI GmbH rund 70 Prozent der Anteile an der FAIR GmbH, Hessen hält davon 8 Prozent. Die übrigen Gesellschaftsanteile verteilen sich auf andere Staaten – darunter auch Russland mit 17,5 Prozent.
Der Teilchenbeschleuniger sollte bereits im Jahr 2018 in Betrieb gehen. Die Fertigstellung ist aktuell jedoch noch nicht einmal mehr terminiert; allenfalls eine erste Ausbaustufe soll bis 2028 fertig gestellt werden. Die in 2010 ursprünglich geschätzten Projektkosten von 1,3 Milliarden Euro sind bis 2022 auf 4,3 Milliarden Euro und damit um mehr als das Dreifache gestiegen. Die Budgetzusage Hessens am Gesamtprojekt betrug zum Prüfungszeitpunkt 308 Millionen Euro. Bis Ende 2022 wurden davon rund 167 Millionen Euro ausgezahlt.
Wegen des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine im Februar 2022 setzten die Vertragsstaaten ihre Zusammenarbeit mit Russland aus. Die FAIR GmbH beendete die bestehenden Kooperationsverträge mit Russland. Deshalb sind Ersatzbeschaffungen für die ursprünglich von Russland zugesagten Beschleuniger- und Experimentkomponenten erforderlich. Die FAIR GmbH schätzte die daraus resultierenden Mehrkosten auf 150 bis 220 Millionen Euro. Zudem besteht ein hohes Ausfallrisiko hinsichtlich der noch ausstehenden Beitragszahlungen Russlands in Höhe von 81 Millionen Euro.
Der endgültige Finanzbedarf steht derzeit nicht fest. Keiner der am Projekt beteiligten Staaten hat bisher die Übernahme der Kostensteigerungen in Höhe der jeweiligen Beteiligung am Projekt in Gänze zugesagt.
Wallmann empfiehlt: „Forschung ist für einen Industriestandort wie Deutschland unerlässlich. Deshalb ist es gut, dass sich Bund und Länder auch dem Zukunftsthema Teilchenbeschleunigung annehmen. Durch den Krieg in der Ukraine ist dieses internationale Projekt jedoch stark risikobehaftet und hat sich dadurch – neben Bau- und Inflationsentwicklungen – deutlich verteuert. Das Land sollte deshalb die weitere Kostenentwicklung besonders im Blick behalten. Hierzu sollte der Landtag jährlich über den Projektfortschritt und die voraussichtliche Kostenentwicklung informiert werden.“
Umsatzsteuer risikoorientiert und effizient prüfen
Unternehmen berechnen unterjährig ihre Umsatzsteuervorauszahlungen oder -erstattungen selbst und melden diese beim Finanzamt in Voranmeldungen an. Um Fehler- oder Betrugsrisiken zu minimieren, führen die Finanzämter Umsatzsteuer-Sonderprüfungen als besondere Form von Außenprüfungen durch. Die in der Finanzverwaltung eingesetzten Automationsverfahren prüfen die Voranmeldungen hinsichtlich solcher Risiken und geben diese an den Innendienst weiter. Der Innendienst soll zunächst versuchen, den Sachverhalt zu klären. Falls ihm dies nicht möglich ist, kann er Umsatzsteuer-Sonderprüfungen vorschlagen.
2019 wurde nahezu jeder vom Innendienst vorgeschlagene Fall im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung aufgegriffen – auch um die vorgegebene Prüfquote zu erfüllen. Nach unserer Einschätzung waren 40 Prozent der von uns eingesehenen Umsatzsteuer-Sonderprüfungen entbehrlich. So wären zahlreiche Sachverhaltsaufklärungen vom Innendienst aus zu erledigen gewesen. In über 100 der eingesehenen Fälle war der Sachverhalt bereits vor der Sonderprüfung ausermittelt und das Ergebnis stand schon fest.
Wallmann weist darauf hin: „Angesichts der angespannten Personalsituation in der Finanzverwaltung muss das Personal effizient eingesetzt werden. Ein Ansatz hierfür ist der Verzicht auf vermeidbare Umsatzsteuer-Sonderprüfungen vor Ort. Prüfungen sollten grundsätzlich risikoorientiert sein und nicht nur an starren Quoten ausgerichtet werden. Auch an dieser Stelle sollten digitale Lösungen genutzt werden, um risikoreiche Fälle besser zu identifizieren. Dadurch ließe sich Personal für notwendigere Aufgaben in der Finanzverwaltung gewinnen. Dies würde zudem die Unternehmen von Vor-Ort-Besuchen entlasten und damit einen Beitrag zur Entbürokratisierung leisten.“
Rechnungshof wirkt – Teil 1: Inventarisierung durch Wissenschaftsministerium und Landesmuseum Darmstadt
Wir hatten 2015 bei der Prüfung des Teilkonzernabschlusses des Wissenschaftsministeriums festgestellt, dass ein internes Kontrollsystem, welches die Zu- und Abgänge und den Ortswechsel vorhandener Kunst- und Sammlungsgegenstände zeitnah im Buchführungssystem erfasst, nicht eingerichtet war. Auch bei der Prüfung des Landesmuseums in Darmstadt im Jahr 2021 hatten wir noch Optimierungsbedarf hinsichtlich der Inventarisierung erkannt. Wir forderten, dass zur Sicherstellung einer vollständigen laufenden Buchführung jederzeit der Aufenthaltsort eines Gegenstands nachvollziehbar sein sollte.
Das Wissenschaftsministerium ist seit Beginn der Feststellungen aus den Abschlussprüfungen bestrebt, die Mängel in der Buchführung systematisch aufzuarbeiten. Der Projektverlauf wird von den Abschlussprüfern und uns begleitet. Wichtige Entscheidungen trifft das Wissenschaftsministerium nach Abstimmung mit den Abschlussprüfern und uns. Als Ziel wurde vereinbart, bis Ende 2025 den gesamten Bestand an Kunst- und Sammlungsgegenständen zu inventarisieren. Bis jetzt sind davon rund 80 Prozent des Bilanzwertes erfasst.
Wir halten die vom Wissenschaftsministerium und dem aktuellen Leiter des Landesmuseums getroffenen Maßnahmen für geeignet, die festgestellten Mängel zu beseitigen.
Rechnungshof wirkt – Teil 2: Korruptionsbekämpfung im Justizministerium
Aufgrund der Prüfbitte des Landtags hatten wir im Jahr 2021 die administrativen Abläufe, die Rechts- und Fachaufsicht sowie die Korruptionsprävention in der Generalstaatsanwaltschaft und den Staatsanwaltschaften untersucht. Hintergrund waren die Korruptionsvorfälle rund um einen Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main. In unsere Prüfung hatten wir auch das der Generalstaatsanwaltschaft vorgesetzte Justizministerium einbezogen. Dabei hatten wir insbesondere festgestellt, dass auch im Ministerium keine Innenrevision vorgenommen wurde. Infolgedessen bestanden auch dort über Jahre hinweg prüfungsfreie Räume. Wir hatten dem Justizministerium im Sommer 2022 eine Vielzahl von Empfehlungen zur Minimierung des Korruptionsrisikos und zur Stärkung der Innenrevision gegeben. Das Justizministerium hatte noch während unserer Prüfung mit deren Umsetzung begonnen.
Bei unserer Nachschauprüfung zeigten sich schon erste Veränderungen: Das Ministerium hatte bereits im eigenen Haus Innenrevisionsprüfungen vorgenommen und auch das Rechnungswesen der Generalstaatsanwaltschaft einer Revisionsprüfung unterzogen. Zudem hatte das Ministerium angeordnet, dass sämtliche Dienststellen eine Gefährdungs- und Risikoanalyse durchführen müssen.
Wir begrüßen, dass das Justizministerium unsere Empfehlungen zügig aufgegriffen und sofort mit der Umsetzung begonnen hat.
Wallmann betont: „Wir müssen als Rechnungshof beharrlich sein, um unser Ziel zu erreichen. Aber wir müssen vor allem auch als praxisorientierter Problemlöser und als Partner der Verwaltung auftreten, um gemeinsam im Sinne des Landes voranzukommen. Das Land hat unsere Empfehlungen aufgegriffen und Veränderungen vorgenommen.“
Ausblick
„Das Jahr 2023 ist von multiplen Krisen gekennzeichnet. „Krisenmodus“ wurde gerade zum Wort des Jahres gekürt“, so Wallmann. „Auch das kommende Jahr wird ein Haushalten in diesem Krisenmodus erfordern: Dies gilt für alle staatlichen und kommunalen Ebenen. Sinkenden Einnahmen stehen erwartbar höhere Ausgaben gegenüber. Zudem haben das Bundesverfassungsgericht und der hessische Staatsgerichtshof die Schuldenbremse gestärkt und klare, aber enge Regeln für eine weitere Neuverschuldung gesetzt. Um diese Haushalts-Krise zu bewältigen, ist es notwendig, Ausgaben zu reduzieren. Hier müssen alle Aufgaben und Ausgaben auf den Prüfstand. Wir müssen klar priorisieren und uns dabei fragen, was können wir uns aktuell noch leisten? Dabei werden auch wünschenswerte und sinnvolle Projekte voraussichtlich erstmal zurücktreten müssen. Und wir werden auch bei den immer weiter wachsenden Stellen im Landeshaushalt eine Kehrtwende einleiten müssen.
Zeitgleich gibt es jedoch große Transformationsprozesse, die nicht warten können. Neben Klima- und Energie-Transformation möchte ich hier auf den gewaltigen Transformationsbedarf bei der Digitalisierung der Verwaltung und generell des öffentlichen Bereichs hinweisen. In vielen unserer Prüfungen – nicht nur bei Datenbankgrundbuch oder Schriftgutverwaltung – zeigt sich die schleppende Digitalisierung der Landesverwaltung. Daraus resultiert – neben vermeidbaren Kosten für das Land – auch zusätzliche Bürokratie für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen.
In den künftigen Jahren ist angesichts des Fachkräftemangels und der großen finanziellen Herausforderungen des Staates ein effizienter Personaleinsatz unumgänglich. Das bedeutet, dass die wesentlichen Staatsaufgaben mit weniger Personal erbracht werden müssen. Dies ist ohne Digitalisierung und Entbürokratisierung nicht möglich. Beides setzt jedoch einfachere Gesetze und Regelungen voraus. Die aktuelle Komplexität der Regelungen führt zu vermeidbarer Bürokratie und erschwert die Digitalisierung enorm.“