Der diesjährige Kommunalbericht zeigt, dass die finanziellen Spielräume der Kommunen immer enger werden. Zwar stiegen auch 2023 die Einnahmen, die Ausgaben aber noch stärker. Neben den Haushaltskennzahlen reichen unsere Themen dieses Jahr von bürokratischen Kuriositäten bei Förderungen über smarte kommunale Leistungen bis hin zu den Vorteilen von digitaler Zusammenarbeit. Darüber hinaus haben wir uns in unserem zweiten Klinikbericht erneut ausgewählte Kliniken und ihre Trägerkommunen angeschaut: Die angespannte wirtschaftliche Lage der Kliniken hat sich seit unserem ersten Klinikbericht 2013 zu einer Krisenlage weiterentwickelt – obwohl seit Jahren Reformen diskutiert werden. Unsere Prüfung zeigt mögliche wirtschaftliche Verbesserungen von etwa 140 Millionen Euro pro Jahr.
Defizite wachsen weiter an!
Nachdem die hessischen Kommunen das Jahr 2022 insgesamt noch mit einem Finanzierungsüberschuss in Höhe von 41 Millionen Euro abgeschlossen hatten, hat sich der Finanzierungssaldo im Jahr 2023 über alle Kommunen hinweg auf -694 Millionen Euro verschlechtert. Dies ist das schlechteste Ergebnis seit 2013. Auch der Blick in die einzelnen Kommunen zeigt diesen Trend: Seit 2015 gab es in jedem Jahr mehr Kommunen mit Überschüssen als solche mit Defiziten beim Finanzierungssaldo. Dies hat sich im letzten Jahr geändert. Im Jahr 2023 konnte nur noch weniger als die Hälfte der hessischen Kommunen (44,5 Prozent) einen Finanzierungsüberschuss aufweisen.
Präsident Dr. Wallmann betont: „2023 erzielten nur noch 197 der 443 hessischen Kommunen einen Überschuss. Dies ist auch ein strukturelles Problem. Hier wirken sich sowohl die aktuelle Gesamtsituation in Deutschland als auch die in der Vergangenheit gesetzten und liebgewonnenen Standards aus.“
Schulden weiter angestiegen
Während sich die Kassenkredite 2023 um 37 Millionen Euro verringerten, erhöhten sich die Investitionskredite um 728 Millionen Euro. Somit stiegen die Schulden der kommunalen Kernhaushalte insgesamt um 691 Millionen Euro weiter an und betrugen 15,2 Milliarden Euro.
Wallmann weist darauf hin: „Außerhalb des Kernhaushalts bestanden noch Schulden in den ausgelagerten Bereichen in Höhe von 40,5 Milliarden Euro. Dies entspricht fast dem Dreifachen der Kernhaushaltsschulden. Insgesamt betrugen die Schulden also fast 56 Milliarden Euro. Überdies bestanden weitere Eventualverbindlichkeiten beispielsweise aus Bürgschaften und kreditähnlichen Rechtsgeschäften in Höhe von 4,2 Milliarden Euro. Wie bei einem Eisberg sind die größten Teile der kommunalen Schulden auf den ersten Blick gar nicht sichtbar.“
Wir haben insgesamt kein Einnahmeproblem
Die Einnahmen der hessischen Kommunen sind in den letzten zehn Jahren konstant gestiegen und haben sich in diesem Zeitraum nahezu verdoppelt. Im letzten Jahr betrugen sie insgesamt über 31 Milliarden Euro (Vorjahr: rund 28,2 Milliarden Euro). Die höchste Einnahmeposition waren die Steuereinnahmen mit 13,4 Milliarden Euro. Dass diese aber sehr heterogen verteilt sind, verdeutlicht insbesondere die Gewerbesteuer: Die fünf gewerbesteuerstärksten Kommunen vereinnahmten zusammen rund 3,6 Milliarden Euro und damit rund 53 Prozent der Gesamtgewerbesteuereinnahmen. Alle anderen 416 erzielten zusammen rund 3,2 Milliarden Euro bei der Gewerbesteuer.
Wallmann warnt jedoch: „Gerade die Gewerbesteuereinnahmen sind sehr volatil und sollten nicht für alle Zeiten als selbstverständlich eingeplant werden. Dass es riskant ist, von einzelnen starken Gewerbesteuerzahlern abhängig zu sein, zeigt sich aktuell in Marburg: nach Rekordeinnahmen durch einen großen Gewerbesteuerzahler in den letzten Jahren, erwartet die Stadt dieses Jahr nur 96 statt der geplanten 158 Millionen Euro Gewerbesteuer. Ähnlich erging es in der Vergangenheit auch Rüsselsheim und Baunatal. Positiv ist allerdings, dass Marburg einen Teil der in der Vergangenheit erzielten Überschüsse in eine Rücklage gelegt hat und damit Vorsorge für schlechte Zeiten getroffen hat. Wir empfehlen den Kommunen schon seit vielen Jahren, ihre Haushalte nicht in guten Zeiten durch zu hohe Standards und Folgekosten zu ruinieren, sondern für schlechte Zeiten vorzubeugen.“
Wir haben ein Ausgabenproblem!
Die Ausgaben sind noch stärker gestiegen als die Einnahmen. Sie erhöhten sich auf 32,1 Milliarden Euro (Vorjahr: rund 28,1 Milliarden Euro). Die drei höchsten Ausgabearten waren die Personalausgaben mit 8,5 Milliarden Euro, laufende Sachausgaben mit 8,1 Milliarden Euro und die Sozialleistungen mit 7,5 Milliarden Euro. Insgesamt hatte Hessen mit rund 5.000 Euro bei den Ausgaben den zweithöchsten Pro-Kopf-Wert im Vergleich der Flächenländer.
Digitale Interkommunale Zusammenarbeit als ein Lösungsansatz für Fachkräftemangel
Der fortschreitende Fachkräftemangel verbunden mit der steigenden Komplexität der kommunalen Aufgaben lässt sich gerade von mittleren und kleineren Kommunen kaum noch im Alleingang bewältigen. Ein Lösungsansatz hierfür ist seit Jahren die sogenannte Interkommunale Zusammenarbeit. Dabei unterstützen sich Kommunen gegenseitig mit Know-how und Personal – beispielsweise beim Vergabe- oder Kassenwesen. Bisher arbeiten hier oft räumlich benachbarte Kommunen zusammen. In diesem Jahr haben wir auch Kommunen, die über eine gewisse Entfernung hinweg digital zusammenarbeiten, untersucht. Ein bemerkenswertes Beispiel bietet die Gemeinde Glashütten. Sie hatte mit Personalmangel und Fluktuationen im Finanzmanagement zu kämpfen. Dies führte unter anderem zu einem Stau bei den Jahresabschlüssen. Glashütten schloss sich deshalb der Interkommunalen Zusammenarbeit der Stadt Usingen an, die bereits mit ihrer Nachbarstadt Neu-Anspach gemeinsam das Finanzmanagement betrieb. Im Ergebnis konnten in Glashütten ausstehende Jahresabschlüsse nachgeholt und aktuelle Jahresabschlüsse fristgerecht aufgestellt werden.
Wallmann appelliert: „Kommunen, die sich in einer Interkommunalen Zusammenarbeit organisieren, erzielen ausweislich unserer Prüfungen bessere Ergebnisse. Dabei denkt man primär an die Zusammenarbeit mit Nachbarkommunen. Spätestens seit Corona wissen wir, dass wir auch sehr gut digital zusammenarbeiten können, ohne an räumliche Grenzen gebunden zu sein. Durch Zusammenarbeit werden die Aufgaben wirtschaftlicher, fokussierter und schneller erledigt. Gleichzeitig steigt auch die Qualität der Aufgabenerledigung. Das ist wichtig, denn die altersbedingte Personalfluktuation und der Fachkräftemangel haben uns erreicht und werden sich in den nächsten Jahren noch deutlich verschärfen. Die Babyboomer-Generation geht in die wohlverdiente Rente. Die Nachwuchsjahrgänge sind viel kleiner und können rein zahlenmäßig gar nicht mehr alle Lücken schließen. Hier kann die Interkommunale Zusammenarbeit in digitaler Form ein Schlüssel sein. Die Kommunen sollten dies nutzen. Hierfür haben wir mittlerweile auch die Technik und das Know-how.“
Wenn fünf Cent 1.000 Euro kosten
Viele Förderprogramme, die darauf abzielen, kommunale Investitionen zu unterstützen, werden durch komplexe Verfahren und Anforderungen erschwert. Dass dies zu ausufernder Bürokratie führen kann, zeigte sich beispielhaft bei der Kommune Poppenhausen.
Poppenhausen erhielt eine Förderung, um Wege erneuern zu können. Die Schlussrechnung für die Fördermittel betrug 201.708,36 Euro. In Folge einer softwarebedingten Rundungsdifferenz von fünf Cent musste die Rechnung vollständig korrigiert und erneut eingereicht werden. Das generierte einen Arbeitsaufwand sowohl in Poppenhausen als auch in der Landesverwaltung von deutlich über fünf Cent. Laut Schätzung der Kommune führte die Rundungsdiskussion allein in Poppenhausen zu Kosten von ca. 1.000 Euro.
Die Gemeinde erhielt zudem eine Förderung für die Errichtung einer Blockhütte auf einer Freizeitanlage. Für die Ausstattung des Gebäudes wurden u. a. Mittel für Tische und Sitzbänke beantragt. Bewilligt wurden zwar Mittel für Sitzbänke, nicht jedoch für die ebenfalls erforderlichen Tische. Diese unvollständige Förderung ist nicht nur für die Kommune schwer nachvollziehbar.
„Zu kleinteilige Förderungen gefährden die Erreichung der Förderziele und führen zu Frustration und Unverständnis bei den Geförderten“, erklärt Präsident Wallmann. „Der Abbau bürokratischer Hürden ist ein entscheidender Schritt, um mehr Investitionen in die Zukunft zu ermöglichen. Um die Potenziale der Förderungen vollständig auszuschöpfen, müssen die Verfahren deutlich vereinfacht werden. Zudem könnten digitale Lösungen helfen, den Zugang zu Fördermitteln effizienter und transparenter zu gestalten.“
Smarte kommunale Leistungen für alle!
Das Ziel von Smart Cities ist es, durch den Einsatz moderner IT-Technologien die Lebensqualität und Teilhabe der Menschen sowie von Organisationen und Unternehmen zu verbessern und eine nachhaltige Stadt oder Region in wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Hinsicht zu schaffen. Bei unserer Prüfung fiel besonders das innovative Projekt „Bürgerservice 24/7“ in Nidderau auf: Ziel war es dort, kommunale Leistungen jederzeit zugänglich zu machen. Hierzu wurden Terminals an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet aufgestellt, die unabhängig von der eigenen IT-Ausstattung rund um die Uhr die Möglichkeit bieten, Anträge auf Führungszeugnisse, Meldebescheinigungen etc. zu stellen. Außerdem können angeforderte Dokumente über ein Abholterminal vor dem Rathauseingang kontaktfrei und zeitunabhängig abgeholt werden.
Wallmann lobt: „Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen benötigen ein breites Spektrum an kommunalen Dienstleistungen. Aber sie benötigen diese künftig oft in einer anderen Form, zu anderen Zeiten, an anderen Orten und vor allem möglichst einfach und flexibel! Der digitale „Bürgerservice 24/7“ in Nidderau ist ein gutes Beispiel dafür, wie digitale Leistungen von allen einfach und unkompliziert genutzt werden können – und zwar unabhängig von der eigenen IT-Ausstattung und ohne aufwändige Terminvereinbarung mit der Verwaltung! Dadurch lassen sich auch die Prozesse in der Verwaltung digitaler – und idealerweise medienbruchfrei – gestalten. Am Ende gewinnen alle: Nutzende und Kommune!“ Weitere Positivbeispiele in diesem Jahr waren eine Plattform für integrierte Mobilität in Oberursel, die LED-Straßenbeleuchtung in Bad Hersfeld oder die Funkwasserzähler in Bad Emstal.
Naturschutz kann sich auch finanziell lohnen!
Wenn durch Bauvorhaben natürliche Lebensräume beeinträchtigt werden, sind diese Eingriffe ökologisch auszugleichen. In Hessen gibt es hierfür das Konzept der sogenannten Ökopunkte. Der Ökopunktwert bewertet die ökologischen Funktionen von Flächen und dient dazu, die Auswirkungen von Eingriffen in Natur und Landschaft zu quantifizieren und geeignete Kompensationsmaßnahmen festzulegen. Können Kommunen keine eigenen Ökopunkte generieren, haben sie die Möglichkeit, Ökopunkte von anderen zu kaufen. Eingriff und Ausgleich müssen jedoch im selben Naturraum bzw. im selben oder benachbarten Landkreis liegen. Wie unsere aktuelle Prüfung zeigt, nutzten beispielsweise Heidenrod und Bad Schwalbach diese Möglichkeit. Durch einen städtebaulichen Vertrag verpflichtete sich Heidenrod, einen Laubwald auf einer Fläche von rund 69.000 Quadratmetern als Ausgleichsmaßnahme für ein Bauprojekt von Bad Schwalbach zu entwickeln. Im Gegenzug erhielt Heidenrod einen Ablösebetrag in Höhe von rund 400.000 Euro für rund 1,2 Millionen Ökopunkte.
Der Leiter der Überörtlichen Prüfung, Dr. Keilmann, führt aus: „Das Beispiel zeigt erstens eine andere Form der Interkommunalen Zusammenarbeit. Es zeigt aber auch zweitens, dass naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen nicht nur wichtig für die Umwelt sind, sondern drittens auch einen positiven Effekt für die Gemeindekasse haben können.“
Wie können Kommunen ihre Jahresabschlüsse fristgerecht aufstellen?
Laut Hessischer Gemeindeordnung haben die Kommunen bis zum 30. April einen Jahresabschluss über das vorangegangene Haushaltsjahr aufzustellen. Unsere Prüfungen zeigten, dass von 69 untersuchten Kommunen nur Grebenhain und Elbtal durchgehend die Jahresabschlüsse 2018 bis 2022 fristgerecht aufstellen konnten.
Die Gemeinde Hasselroth konnte die Frist für 2021 und 2022 dadurch einhalten, dass sie zeitintensive Tätigkeiten der Jahresabschlusserstellung soweit möglich bereits unterjährig erledigte. Dies senkte die Menge und Komplexität von Abstimmarbeiten bei der Jahresabschlusserstellung. Darüber hinaus unterstützte eine Checkliste die Abschlussarbeiten.
Keilmann warnt: „Die Aufstellung von Jahresabschlüssen ist nicht nur eine Formalität. Um finanzielle Handlungsspielräume erkennen zu können, ist es für öffentliche Haushalte wichtig zu wissen, wie die tatsächliche finanzielle Lage ist. Hier reichen einfache Planwerte nicht aus. Aus diesem Grund kommt der fristgerechten Aufstellung kommunaler Jahresabschlüsse eine besondere Bedeutung zu. Wie nicht zuletzt das aktuelle Beispiel aus Löhnberg zeigt.“
Aktueller Klinikbericht
Neben dem Kommunalbericht 2024 veröffentlichen wir zum zweiten Mal auch einen Sonderbericht zum Thema kommunale Kliniken. Bereits 2013 hatten wir einen Bericht zu acht kommunalen Kliniken und deren Trägerkommunen veröffentlicht. Elf Jahre später analysierten wir dieselben Kliniken und Kommunen und untersuchten auch, ob und wie unsere früheren Empfehlungen umgesetzt wurden. Bei beiden Prüfungen stand das Patientenwohl im Vordergrund.
Rückschau: Was war 2013?
Schwerpunkt unseres ersten Klinikberichts 2013 war das medizinische Leistungsgeschehen und die sich daraus ergebenden Optimierungspotenziale für Patienten und auch für die Wirtschaftlichkeit der Kliniken und ihrer Trägerkommunen. Bereits damals stellten wir fest, dass für eine angemessene Leistungserbringung neben medizinischen Fachkenntnissen auch qualitätssteigernde Aspekte aus der praktischen Arbeit, wie Routine und Expertise, maßgeblich sind. Auf Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen ist davon auszugehen, dass eine ausreichende Zahl von zu behandelnden Patienten für eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung notwendig ist.
Wir hatten deshalb bereits damals empfohlen, dass die Krankenhäuser das medizinische Leistungsgeschehen – vor allem im Ballungsraum – stärker als bisher miteinander abstimmen sollten. Auch das Land war aufgerufen, durch Planung der Krankenhausressourcen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken. Damit ließe sich die Qualität der medizinischen Leistungen zum Wohle der Patienten weiter steigern. Gleichzeitig könnten Doppelvorhaltungen von Infrastruktur und Personal vermieden werden, was die ökonomische Situation der Krankenhäuser verbessert hätte.
Unsere Analyse zeigte 2013, dass sich über eine bessere Steuerung der Verweildauer die Zahl der Betten in einer Größenordnung von mindestens 500 reduzieren ließe. Hieraus hätte sich ein jährliches Verbesserungspotenzial von rund 100 Millionen Euro erzielen lassen.
Was ist seitdem passiert?
- Wirtschaftliche Lage: Die angespannte wirtschaftliche Lage aus 2013 hat sich bis zur zweiten Klinikprüfung in eine Krisenlage weiterentwickelt: Die Defizite und die Verschuldung sind deutlich gestiegen. Die Finanzierung ist aktuell nicht auskömmlich. Darüber hinaus kämpfen die Kliniken mit dem Fachkräftemangel.
- Koordination und Konzentration der Leistungserbringung: Die Kliniken, die Träger und das Land haben diese zentrale Forderung nur ansatzweise aufgegriffen. Die Leistungsportfolios wurden im Wesentlichen nicht stärker fokussiert und nicht miteinander abgestimmt. So zeigt auch unsere zweite Klinikprüfung Optimierungsmöglichkeiten durch eine systematische Verzahnung der kommunalen Kliniken in den Leistungsprozessen – insbesondere im Rhein-Main-Gebiet mit den Kliniken in Frankfurt, Wiesbaden, Offenbach und Darmstadt.
Die angestrebte Fallzahlsteigerung wurde folglich nicht erreicht. Diese hätte zur Verbesserung der Versorgungsqualität für die Patienten und zur Hebung von Wirtschaftlichkeitspotenzialen geführt.
- Verbesserungspotenzial: Unsere Untersuchung zeigte 2013 ein jährliches Verbesserungspotenzial von rund 100 Millionen Euro auf. In der aktuellen Prüfung haben wir eine mögliche Verbesserung von 136 Millionen Euro ermittelt. Mittelfristig wären sogar 145 Millionen Euro pro Jahr möglich.
Wallmann kritisiert: „Angesichts der voraussichtlichen positiven Effekte für die Patientinnen und Patienten sowie der hohen wirtschaftlichen Vorteile von über 100 Millionen Euro pro Jahr ist es nicht nachvollziehbar, dass unsere Empfehlungen 2013 nahezu ungehört verhallt sind. Elf Jahre und einige Reformen und Krisen später sehen wir ein grundsätzlich ähnliches Bild und sprechen nahezu dieselben Empfehlungen aus: Das Patientenwohl sollte nach wie vor durch Koordination, Kooperation und das Zusammenlegen von klinischen Fachabteilungen gestärkt werden. Wenn Sie mir zur Verdeutlichung der wirtschaftlichen Dimension eine grobe Schätzung auf Basis unserer damaligen und heutigen Erkenntnisse erlauben, so komme ich bei damals über 100 Millionen Euro und aktuell über 130 Millionen Euro Potenzial pro Jahr auf eine nicht genutzte Optimierung von rund einer Milliarde Euro seit 2013!“
Erneut Prüfungshemmnisse in Wiesbaden!
Die Stadt Wiesbaden hält an der HELIOS Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden GmbH (HSK) eine Mehrheitsbeteiligung von 51 Prozent, hat jedoch lediglich 48,1 Prozent der Stimmrechte. Neben diesem Missverhältnis besteht als weiteres Problem, dass weder gegenüber dem städtischen Revisionsamt noch gegenüber der Überörtlichen Prüfung Unterrichtungsrechte eingeräumt sind, obwohl dies gesetzlich sicherzustellen war. Folglich weigerte sich die HSK, wie auch schon in 2013, an der Prüfung mitzuwirken.
Wallmann warnt: „Seit der damaligen Prüfung werden uns bei der HSK Wiesbaden unsere legitimen Unterrichtungsrechte verweigert: Dies führt dazu, dass öffentliche Gelder in Millionenhöhe der Kontrolle durch öffentliche Prüfungsinstitutionen entzogen sind! Öffentliches Geld braucht öffentliche Kontrolle! Deshalb haben wir Wiesbaden bereits 2013 beim letzten Klinikbericht und erneut in unserem Großstädtebericht 2020 scharf kritisiert. Die Stadt und die HSK als Gesellschafter sind weiterhin aufgefordert, endlich diesen rechtswidrigen Zustand zu beheben.“
Lessons learned?
Wallmann fasst zusammen: „Wie schon in 2013 zeigt sich auch beim aktuellen Klinikbericht: Die Kliniken müssen weiterhin darauf hinwirken, das Patientenwohl zu stärken und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Dafür sollten sie mit Unterstützung des Landes ihre Leistungen stärker bündeln und mehr miteinander kooperieren. Diese Intention verfolgen auch die Reform-Vorschläge von Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Insbesondere in finanziell schwierigen Zeiten benötigt Öffentliches Geld öffentliche Kontrolle. Bestehende Prüfungshemmnisse sind schnellstmöglich abzubauen. Unsere gesetzlich vorgesehenen Rechte sind uns endlich einzuräumen.“
Fazit
Wallmann mahnt: „Die Finanzen der Kommunen verschlechtern sich zunehmend: die Haushalte sind defizitär, Rekordeinnahmen stehen immer höheren Ausgaben gegenüber, die Schulden steigen. Zugleich fehlen schon jetzt die notwendigen Fachkräfte sowohl in der Verwaltung als auch in den kommunalen Kliniken, um eine bedarfsgerechte Daseinsvorsorge und insbesondere die medizinische Versorgung sicherzustellen. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, dürfen wir uns auch dem Einsatz von künstlicher Intelligenz nicht verschließen. Hier gilt es, mögliche Potenziale und Risiken auszuloten und gegebenenfalls Verbesserungsmöglichkeiten zu nutzen. Die von uns seit Jahren geforderte Priorisierung von Aufgaben, das Absenken von Standards und Ansprüchen, die Vereinfachung von kommunalen Prozessen, das Anbieten von smarten digitalen Dienstleistungen sowie eine noch stärkere Interkommunale Zusammenarbeit sind unvermeidbar und müssen schnell realisiert werden. Hier sind neben den Kommunen auch das Land, der Bund und die EU gefordert: wir brauchen den Bürokratieabbau, einfache und bedarfsgerechte Förderungen, Normenkontrolle etc. dringender denn je.“